- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 18.08.2016
- Verlag : Emons Verlag
- ISBN: 9783954519576
- Flexibler Einband 224 Seiten
- Genre: Krimi
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Die
Angst geht um
Die
Ostseeküste ist eigentlich ein beschaulicher Ort, doch in Niederwiek geht die
Angst um: Eine Frau wacht auf und bemerkt, dass sie nackt ist, gefesselt und
nicht in ihrer Wohnung – und sie erkennt den Ort. Kurze Zeit später wird eben
diese Frau, die Galeristin Dana Wolff, ermordet aufgefunden. In ihren
Unterlagen findet der ermittelnde Polizist Bernd Mulsow die Visitenkarte seines
Freundes Richard Gruben mit einer sehr persönlichen Widmung. Richard ist
Kunsthistoriker, kann sich aber nicht an Dana erinnern. Trotzdem fährt er, auf
Muslows Bitte hin, zu ihm und schaut sich in Danas Galerie um. Schnell ist
klar, dass die Visitenkarte nicht für Dana war. Er kannte sie nicht. Aber woher
hatte sie die dann und vor allem warum?
Danas
Tochter Lena weiß oder ahnt zumindest, weswegen diese sterben musste. Aber sie
sagt dies weder der Polizei noch der Patentante ihrer Mutter, bei der sie jetzt
wohnt. Stattdessen verstrickt sie sich immer mehr in Widersprüche, erstickt
fast an ihrer nackten Überlebensangst und trägt sich mit Fluchtgedanken.
Diese
Gedanken sind neben den agierenden Ermittlern Mulsow und Gruben die Verbindung
zu Anja Behns erstem Buch „Stumme Wasser“. Ihre Protagonisten sind getrieben
von Angst und Schuld. Lena, weil sie um den Täter weiß. Gruben, weil auch sein
neugeborener Sohn die Ehe nicht retten konnte und seine Frau ihn verlassen hat.
Er wäre gern Vater, aber nicht Ehemann. Und dass seine Frau neben ihm auch
gleich noch die Stadt verlassen hat, macht es ihm nicht gerade leichter. Er
nutzt diese Auszeit vom Alltag, um über sein Leben zu sinnieren, zu sich selbst
zu finden. Er ist zerrissen, von Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen geplagt.
Dadurch verliert er den Fall immer wieder aus dem Auge, nimmt wichtige Hinweise
zu spät wahr.
Anja
Behns Protagonisten sind „normale“ Menschen von nebenan, sehr authentisch,
angetrieben von Angst, Zügellosigkeit, Rache, Wut und Gier. Die Ermittler sind
kein CSI-Team, sondern ein Kunstexperte auf Selbstfindungskurs und ein mit dem
Fall etwas überforderter Polizist. Aber beide sind echte Freunde, führen
Männergespräche und wirken dadurch sehr realistisch.
„Küstenbrut“
hat mir von Beginn an Gänsehaut beschert. Die Handlung ist unheimlich dicht und
die Brutalität, mit welcher der Täter vorgeht, jagte mir Schauer über den
Rücken. Das Buch ist im Gegensatz zu „Stumme Wasser“ definitiv nichts für
schwache Nerven. Zum Ende hin musste mir meine Freundin sogar virtuell die Hand
halten. Es ist sehr erschütternd und aufwühlend, für mich geht es schon fast in
Richtung Thriller. Wobei ich dazu sagen muss, dass die Taten nicht wortwörtlich
beschrieben werden, die Andeutungen sind anschaulich genug. Ich bin ja eher
zartbesaitet und hätte vielleicht eine weniger brutale Inszenierung bevorzugt.
Dafür
war ist Atmosphäre sehr gut: die Angst (erst von Dana, dann von Lena) und die
Ungewissheit der Ermittler werden sehr eindrucksvoll beschrieben.
Ein
weiterer Pluspunkt ist das Ostseeflair: ein Großteil der Handlung spielt auf
einem Erdbeerhof – ich habe sofort die Parallele zum Marktführer erkannt ;-),
dadurch kam auch gleich Urlaubsfeeling auf und man hatte die entsprechenden
Bilder im Kopf.
Und
wie schon bei „Stumme Wasser“ habe ich auch hier bis zu Ende miträtseln können,
wer denn der Täter ist und wie alles zusammenhängt. Meine vorherigen Vermutungen
zerschlugen sich meist sofort wieder - extrem spannend.
Mein
Fazit: Obwohl mir „Küstenbrut“ stellenweise etwas zu
hardcore war, würde ich jederzeit den nächsten Band mit Richard Gruben und
Bernd Mulsow lesen.
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