Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Der Schatten von Berlin
„Felix Blom, der Meister der Tarnung und Täuschung, der Mann mit den goldenen Fingern, der König der Diebe.“ (S. 24) wird im Juni 1878 nach drei Jahren endlich aus der Isolationshaft in Moabit entlassen. Blom will jetzt vor allem zwei Dinge: Rache, denn er hat für einen Raub gesessen, den der nicht begangen hat, und seine ehemalige Verlobte Auguste zurückgewinnen. Allerdings hat er alles verloren und muss innerhalb von drei Tagen eine Wohnung und eine Arbeit finden, sonst wandert er wieder in den Bau. Von einem alten Bekannten bekommt er eine Wohnung in dem Armenviertel zur Verfügung gestellt, aus dem er ursprünglich stammt, und da er keine andere Arbeit findet, überzeugt er seine Nachbarin Mathilde Voss, die eine Privatdetektei betreibt, ihn anzustellen. Schon am zweiten Tag in seinem neuen Zuhause findet er ein Brief aus teurem Büttenpapier vor seiner Tür: „Binnen weniger Tage wirst Du eine Leiche sein.“ (S. 61) Er vermutet, dass der neue Verlobte seiner Auguste dahintersteckt. Aber dann tauchen erste Leichen auf, die die gleiche Nachricht in der Tasche tragen – ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn die letzte Nachricht des Mörders ist stets: „Binnen dreißig Stunden musst du eine Leiche sein.“ (S. 31)
„Felix Blom – Der Häftling aus Moabit“ ist der Auftakt einer neuen Reihe der österreichischen Autorin Alex Beer und spielt im Berlin der Jahrhundertwende.
Ich mag die beiden Ermittler sehr und fand ihre Wortgefechte beim Zusammenraufen und Grenzen austesten ausgesprochen unterhaltsam.
Blohm stammt aus armen Verhältnissen und hat sich nach oben „gearbeitet“, eine falsche Biographie ersonnen und als reicher Erbe ausgegeben, um seinen Reichtum erklären zu können.
Mathilde Voss war eine Edelprostituierte, die schon für ihrem Stammkunden spioniert und damit gutes Geld verdient hatte. Als der starb, hörte sie auf und gründete die Detektei – nur leider will niemand eine Frau engagieren. Sie und Blom helfen sich durch seine Anstellung gegenseitig.
In ihrem ersten Fall geht es um verschwundene Porzellanlieferungen aus China, für dessen Aufklärung sie tief in die Berliner Unterwelt mit seinen Bandenkriegen eintauchen müssen. Dabei stoßen sie auf die Gemeinsamkeit der Toten mit den Nachrichten – nur, warum auch Blom bedroht wird, erschließt sich ihnen lange nicht.
Alex Beer konfrontiert Blom und Mathilde mit mächtigen Gegnern. Da ist zum einen der Mörder, dessen Identität und Intension allen ein Rätsel ist und zum anderen der Kriminalkommissar Ernst Cronenberg und sein Assistent Bruno Harting. Die jagen den Mörder ebenfalls und wollen Blom gleichzeitig so schnell wie möglich zurück ins Gefängnis befördern.
Geschickt verwirrt die Autorin ihre Leser mit immer neuen Verdächtigen und Tathypothesen und obwohl man die Lösung die ganze Zeit vor Augen hat, habe ich sie einfach nicht gesehen – das ist extrem raffiniert gemacht.
Auch das Setting des alten Berlins mit seinen Armenvierteln, Eckkneipen und der gegensätzlichen Welt der Schönen und Reichen hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Mein Fazit: Ein toller Reihenauftakt mit einem ehemaligen Häftling, Hochstapler und Meisterdieb und einer früheren Edelprostituierten, die den spannenden und temporeichen Wettlauf gegen einen einfallsreichen Mörder gewinnen müssen.
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