Buchdetails:
Erscheinungsdatum: 16.07.2024
Herausgeber: Kindler Verlag
Buchlänge: Gebundene Ausgabe - 320 Seiten
ISBN: 9783463000688
Genre: Roman
#Werbung
Der Roman beginnt mit den Worten: „Ich werde vor ein Auto laufen.“ Damit landet Petra Pellini einen Volltreffer in der Rubrik : starker erster Satz! Meine Neugier ist geweckt.
Ein fünfzehnjähriges Mädchen namens Linda hat diesen Satz gesagt und ich frage mich, was einen so jungen Menschen lebensmüde macht.
Es gibt nur zwei Menschen in Lindas Leben, die sie von ihrem Plan abhalten. Das ist zum einen ihr Freund Kevin, der an der drohenden Klimakatastrophe verzweifelt und die Welt am Abgrund sieht.
Zum anderen ist es der sechsundachtzigjährige Hubert, ein ehemaliger Bademeister, der an Demenz leidet und rund um die Uhr betreut werden muss. Huberts Tochter hat hierfür Ewa, eine polnische Pflegerin engagiert. Um sie zu entlasten, verbringt Linda drei Nachmittage in der Woche mit Hubert. Sie hat ein feines Gespür für den alten Bademeister und versucht ihn spielerisch und ideenreich trotz fortschreitender Demenz im Leben zu halten.
„…Ich mag es, dass Hubert mir vertraut, und ich bin mir sicher, er fühlt, wie gut ich es mit ihm meine. Dass auch er es gut mit mir meint, das weiß ich einfach. Ihm kann ich alles erzählen… Ich erzähle ihm brühwarm, dass ich nicht mehr leben will. Selbst dann noch bleibt Hubert entspannt. Ihn brauche ich nicht zu schonen, für ihn sind alle Wörter gleich.“ (Zitat aus „Der Bademeister ohne Himmel“)
In ihrem Zuhause fühlt sich Linda unwohl. Ständig gibt es Streit mit ihrer Mutter. Der Vater hatte die Familie acht Jahre zuvor verlassen.
Doch auch in der Schule wird sie gemieden und gilt als Außenseiterin. Den schulischen Anforderungen fühlt sich Linda nicht gewachsen. Wozu also weiterleben?
Am liebsten möchte ich sie in den Arm nehmen und ihr sagen, dass sie ein tolles Mädchen ist. Sie beeindruckt mich mit ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer Beobachtungsgabe Huberts Tochter beispielsweise nennt sie Nachtfalter, weil sie so zerbrechlich wie dessen hauchdünne Flügel aussieht.
Lindas besitzt einen speziellen Humor, den ich sehr mag. Für mich nimmt sie während der Handlung eine erstaunliche Entwicklung. Je mehr sie versucht, Hubert im Leben zu halten, desto weniger denkt sie an Selbstmord. Es ist erstaunlich, wie viel Kraft Linda aus dem Zusammensein mit Hubert schöpft.
Die Autorin war selbst lange in der Pflege demenzkranker Menschen tätig. Daher zeichnet sie Huberts Fortschreiten der Erkrankung eindrucksvoll und authentisch nach und macht auf die Schwierigkeiten in der Pflege und im Umgang mit der Krankheit aufmerksam.
Das bewegt mich. Die Charakterdarstellung von Ewa gefällt mir. Kevin hingegen schien mir etwas blass inszeniert. Hier hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht.
Im Roman gibt es viele kluge Zitate, die zum Nachdenken anregen. Nach der letzten gelesenen Seite fällt es mir schwer, in den Alltag zurückzukehren.
Die traurig-schöne Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft trifft mitten ins Herz!
Ein unvergessliches Leseerlebnis, das lange nachhallt.
Chapeau, Frau Pellini für dieses herausragende Debüt!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen