Donnerstag, 6. Februar 2025

Die Schwestern von Krakau - unser Fazit

Hasi und Patno haben den neuen Roman von Bettina Storks beendet. 575 bewegende Seiten liegen hinter ihnen. Zeit für ein erstes Fazit: 

Patno: Hasi, ich muss erst einmal durchatmen und mich sammeln. Das war ja eine verworrene und geheimnisvolle Familiengeschichte, sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart. Hasi, wie ist es Dir beim Lesen ergangen? Hast Du eine Lieblingsfigur? 

Hasi: Mit ging es wie Dir, die Handlung hat sich zum Ende hin ganz schön überschlagen. Dabei hat mir das, was in der Vergangenheit passiert ist, besser gefallen, als die Gegenwart. Tatjana kreiste mir einfach zu sehr um sich selbst, analysiert sich und ihre Umgebung zu viel. Da kam mir Èdith fast etwas zu kurz, dabei hat sie ja erst alles ins Rollen gebracht.
Eine Lieblingsfigur habe ich nicht direkt. Ich habe Lilos und Gustas Schicksale gespannt verfolgt und auf ein Happy End gehofft. Ans Herz gewachsen ist mir Zofia, die polnische Hausangestellte, die in allen Lebenslagen und bis zum Schluss zu den Wagners gehalten hat. Wie ist das bei Dir?

Patno: Zofia mochte ich auch, aber am meisten habe ich mit Lilo gefühlt. Der Handlungsstrang in der Vergangenheit ist an Dramatik nicht zu überbieten. Hier bin ich gefesselt durch die Seiten geflogen. Ich muss Dir zustimmen. Der Gegenwartsstrang ist stark von Tatjana dominiert. Edith wirkt etwas blass inszeniert. Ich hätte ihr mehr Raum in der Geschichte gewünscht. Die Beschreibung der Schauplätze hat mir sehr gut gefallen. Krakau muss eine faszinierende und interessante Stadt sein. Aber sag mal, wie ging es Dir bezüglich Helene? Hättest Du gerne mehr über Sie und ihr Schicksal erfahren? 

Hasi: Genau, das ist es - Édith ist zu blass und taucht immer nur kurz auf, um neue Inputs in die Nachforschungen zu bringen, denen Tatjana dann nachgeht. Dabei hat sie mit ihrer Tante Adi eine Zeitzeugin in der engsten Familie.
Und mit Helene ist es ähnlich. Man erfährt zu Beginn, dass sie schon vor dem Krieg nach Paris gegangen ist und am Ende, wie es ausgegangen ist. Von ihr und ihrer Familie hätte ich gern mehr gelesen, aber dann wäre die Geschichte wahrscheinlich zu umfangreich geworden.

Patno: Das stimmt auch wieder. Bettina schreibt so toll, da hätte ich auch noch 50 Seiten mehr gelesen. 😉 Lass uns noch einmal auf die beiden Handlungsstränge zurückkommen. Ich finde es spannend, dass Bettina hier den Akzent mehr auf den Gegenwartsstrang gelegt hat. Bei vielen Romanen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs liegt der Fokus oft in der Vergangenheit und blickt nur ab und zu in die Gegenwart. Wie hast Du das empfunden? 

Hasi: Da hast Du Recht, sie wechselt konsequent zwischen Vergangenheit und Gegenwart und für mich war es ein besonderer Reiz, dass wir als Leser von Beginn an einen tieferen Einblick in Lilos Leben hatten, als Tatjana und Édith. Darum habe ich mich auch so über Adam aufgeregt, den wir bisher noch gar nicht erwähnt haben. Der Historiker verwaltet den Nachlass des Apothekers Thadeusz Pankiewicz und ist allen Deutschen gegenüber extrem voreingenommen, für ihn sind alle Täter. Wie bist Du mit ihm klagekommen?

Patno: Ich konnte schon Adams Reaktion nachvollziehen, aber so ganz warm mit ihm als Person nicht geworden. Mit Tadeusz Pankiewicz habe ich übrigens von Anfang an sympathisiert. Ein interessanter und kluger Mann. Wenn man von einem heimlichen Star der Geschichte sprechen kann, war er das für mich. Mochtest Du ihn auch? 

Hasi: Ja, sehr. Er hat es geschafft, sich mit den Besatzern gut zu stellen (indem er sie bestochen hat), damit er der jüdischen Bevölkerung helfen konnte. Und egal wie gefährlich es auch wurde, er ist immer ruhig und scheinbar unbeteiligt geblieben. Selbst Lilo hat lange nicht gemerkt, was da lief. Mir haben vor allem die vielen kleinen Dinge imponiert, die er gemacht hat: Haarfärbemittel herstellen, damit die Frauen blond und arisch aussahen, oder Betäubungsmittel für die Kinder, damit sie sich bei Razzien nicht in ihren Verstecken verrieten. Mir bricht schon wieder das Herz, wenn ich daran denke.

Patno: Mich hat das auch sehr berührt und ich glaube, das ist ein guter Schlusspunkt für unseren Buddy-Read. Möge diese ergreifende Geschichte eine breite Leserschaft finden. 

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