Skurril, vulgär, makaber, urkomisch – einfach klasse
Autor: John Niven
Erscheinungstermin: 23. November 2015
Format: Hörbuch, ungekürzte Lesung,
2 mp3-CDs, Laufzeit: 10h 17
Gelesen von: Gerd Köster
Verlag: Random House
Mit diesem Roman ist John
Niven ein herrlich sarkastisches Meisterstück gelungen, denn in dem im November
2015 im Random House Verlag erschienen Hörbuch geht es nach relativ harmlosen
Start ziemlich zur Sache - ganz unter dem Motto „Mit 66 Jahren ...“. Aber
Achtung: Die Sprache ist teilweise derbe, respektlos, cool und witzig!
Wer sich darauf einlassen mag, wird eine Menge Spaß haben! Ich hatte ihn
jedenfalls!
Zu Beginn des Hörbuchs dürfen wir in die Leben vier
älterer Damen zwischen 60 und 87 Jahren blicken, die alle in mehr oder weniger
bescheidenen Verhältnissen leben - außer Susan, die zwar recht bieder, aber gut
versorgt zu sein scheint. Sie und ihre beste Freundin Julie sind gerade 60
Jahre geworden. Julie, die früher das glamourösere Leben der beiden führte,
muss sich nach einigen Lebenspannen ihr mageres Leben durch einen Job im Altersheim
mehr recht als schlecht verdienen. Hier lernte sie Ethel kennen, eine im Rollstuhl
sitzende vulgäre Fettel, wie es auf den ersten Blick scheint. Die vierte Dame
ist Jill, die Susan aus der Laien-Theatergruppe kennt. Jill hat Sorgen wegen
ihres todkranken Enkelsohnes, für den sie jeden Cent zusammenkratzt und
Spendengelder sammelt, die aber längst nicht für die teure Behandlung reichen.
Doch dann kommt alles ganz anders als erwartet und selbst
Susan erlebt ein Desaster. Eigentlich hat nun auch sie nichts mehr zu verlieren
und so entsteht die wahnwitzige Idee eines Banküberfalls. Wie gut, dass Julie
Nails, einen ehemaligen Bankräuber kennt, der ihnen schnell klar macht, dass er
a) dabei sein will und sie b) noch zwei weitere im Bunde brauchen. Ethel ist
sofort dabei, nur Jill ist schwer zu bewegen. Doch schließlich steht der
Entschluss fest.
Die schräge Rentnertruppe unternimmt einen dilettantisch
durchgeführten Banküberfall und begibt
sich auf eine irrwitzige Flucht von England nach Frankreich, die so kurzweilig,
spannend und humorvoll geschildert wird, dass kein Auge trocken bleibt. Dabei
wird die Rentnergang vom besessenen Sergeant
Boscombe und seinem gutmütigen Adjutanten Wesley gejagt.
Die Charaktere sind allesamt
äußerst ausgereift und passen entweder perfekt oder so gar überhaupt nicht
zueinander, dass es eine wahre Wonne ist, den Interaktionen zu folgen. Da ist
zum einen die äußerst vulgäre Ethel, ein früherer Tanzstar, der für niemanden
bremst und nach einem aufregenden Leben lechzt, dann ihr Konterpart, die zartbesaitete
Jill, die immer alles richtig machen möchte. Julie, die einmal ein so aufregendes
Leben führte und nun große Geldsorgen hat, oder Susan, die ihr beschauliches
Leben abrupt ändern muss. Zu Beginn ein Kurzauftritt von Barry, dem
masochistischen Sexmonster, genau wie vom alten und senilen Ganoven Nails und
schließlich der ungehobelte, übermotivierte und zum Unmut seines Chefs Wilson kein
Fettnäpfchen auslassende Sergeant Boscombe mit seinem beflissenen Adjutanten
Wesley.
Der schwarze
Humor ist an einigen Stellen sicher derb, aber so surrealistisch, dass die
Derbheit einfach nicht ernst zu nehmen ist. Richtig herrlich. Natürlich ist
viel überspitzt und einiges vorhersehbar, doch das ist sicher auch so gewollt,
denn mit so mancher Wendung rechnet man dadurch sicher nicht und der
temporeiche, trocken überzogene, humorige Erzählstil ist so anschaulich, dass
ein wahrliches Kopfkino entsteht. Ebenso passt die Sprecherstimme Gerd Kösters
- mit seiner etwas rauen und gelassenen Tonart - perfekt zu diesem trockenen
Humor Nivens.
Fazit:
Wer schwarzen Humor mag, wird hier aufs Feinste bedient!
Ich fühlte mich über 10 Stunden lang bestens unterhalten und war jederzeit
gespannt, wie es weiter geht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen