Mord im viktorianischen London
von M.R.C. Kasasian
Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Verlag: Atlantik
ISBN-13: 978-3455600513
Genre: Krimi
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Nach dem Tod ihres Vaters bietet ihr Patenonkel Sidney Grice der jungen March Middleton an, zu ihm nach London zu ziehen. Obwohl sie ihn nicht kennt folgt March der Einladung. Kaum angekommen, muss sie allerdings feststellen, dass Grice nicht gerade der umgänglichste aller Zeitgenossen ist. Doch als privater Ermittler muss er ja auch nicht nett sein, sondern nur die Wahrheit ans Licht bringen.
Allerdings scheint gleich der erste Fall nach Marchs Umzug
nicht so einfach zu sein. Sidney Grice ist zwar überzeugt, dass der Ehemann
seine Frau brutal ermordet hat, doch March ist von seiner Unschuld überzeugt.
Kann sich der großartige Sidney Grice tatsächlich irren?
M.R.C. Kasasian bringt mit „Mord in der Mangle Street“ den
ersten Teil einer neuen Reihe um einen exzentrischen Detektiv und seinen
Assistenten, in diesem Fall eine Assistentin. Ebenso wie Sherlock Holmes
ermittelt Grice im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Parallelen sind
nicht zufällig, sondern durchaus beabsichtigt und gewollt. So hat gegen Ende
des Buches auch ein Arzt namens Dr. Conan Doyle einen kurzen Auftritt.
Doch während Doyles berühmter Ermittler von der Faszination
der Rätsel um möglichst komplexe Kriminalfälle angezogen wird, so ermittelt
Sidney Grice hauptsächlich um des Geldes willen und nimmt daher nur lukrative
Aufträge an. Sein guter Ruf ist ihm ebenfalls mehr als heilig. So legt er, wenn
es sein muss, auch alles so aus, damit er stets im rechten Licht bleibt. Er ist
wesentlich arroganter und überheblicher als Sherlock Holmes und nicht unbedingt
ein Sympathieträger.
Mit March Middleton wird ihm ein völlig anderer Charakter
zur Seite gestellt. Sie ist erstaunlich selbstbewusst und taff für die damalige
Zeit und lässt sich meist auch von Grices teils beleidigender Art nicht aus dem
Konzept bringen. Während seine Figur eher überzogen wirkt, so ist March
vielleicht ungewöhnlich, aber wesentlich greifbarer.
Doch mir drängten sich beim Lesen nicht nur Vergleiche mit
Sherlock Holmes auf, bereits im ersten Kapitel wurde ich stark an Edgar Allan
Poes „The Murders in the Rue Morgue“ erinnert. Auch im weiteren Verlauf musste
ich immer wieder daran denken, zum Beispiel als der mysteriöse Unbekannte mit
den wallenden roten Haaren, dem Schnurrbart, gelber Weste und einem Gehstock
mit einem Knauf in Form eines Affen beschrieben wurde. Da hatte ich direkt Poes
Orang-Utan vor Augen.
Das London des viktorianischen Zeitalters wurde gut
dargestellt und die Atmosphäre in dieser Stadt gut eingefangen. Dennoch fehlte
mir der Charme und der Esprit, den andere zu dieser Zeit angesiedelten Werke
versprühen.
Der Fall an sich ist interessant und ich konnte längst nicht
jede Wendung vorhersehen. Besonders die Frage nach der Schuld des Ehemanns war
spannend und auch wenn ich geneigt war March Recht zu geben, so habe ich doch
gezweifelt. Neben March und Sidney Grice gab es noch eine Reihe weiterer
Charaktere, die je nach Wichtigkeit mehr oder weniger detailliert
herausgearbeitet waren. Von den Nebenrollen hat mir besonders Harriet, Marchs
Zugbekanntschaft, sehr gefallen.
Der Krimi lebt in erster Linie von der Dynamik zwischen dem
selbstgefälligen Grice und der neugierigen und offenen March. Es macht Spaß zu
sehen, wie bei den beiden zwei Welten aufeinandertreffen und es gibt auch den
ein oder anderen amüsanten Schlagabtausch.
Mein Fazit: Insgesamt hat mich der Krimi etwas zwiespältig
zurückgelassen. Einerseits hatte ich mir mehr erhofft und muss sagen, dass er
für mich bei Weitem nicht an sein Vorbild herankommt, dennoch wurde ich über
weite Teile hinweg gut unterhalten und habe gespannt nicht nur den Kriminalfall
verfolgt, sondern auch die Frage, ob Sidney Grice nicht doch noch sympathische
Züge zum Vorschein kommen lässt.
Vielen Dank
an den Atlantik Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars.
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