- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 01.06.2017
- Verlag : Knaur Taschenbuch
- ISBN: 9783426520000
- Flexibler Einband 544 Seiten
- Genre: Historischer Roman
Zwei Leben
... hat Suni schon
geführt. Bis zu ihrem 6. Lebensjahr war sie Magdalene, die uneheliche aber
geliebte Tochter des hessischen Landgrafen. Als ihre Mutter von einer
Konkurrentin ermordet wird, flieht sie und wird von Zigeunern aufgenommen.
Diese sind fortan ihre Familie, sie vergisst (verdrängt) sogar ihr früheres
Leben. Mit 16 lernt sie Sorlo kennen. Dieser gehört einem anderen Roma-Stamm an
und will sie beeindrucken. Also führt er sie zu einem ungenutzten Jagdschloss
und zeigt ihr dort ein Gemälde – darauf sind Magdalene und ihr Vater. Suni
erinnert sich an ihr altes Leben und den Mord an ihrer Mutter – und
ausgerechnet da taucht die Mörderin wieder auf und erkennt sie.
Zu Magdalenes altem
Leben gehörte auch der Schokoladenmohr Mathis. Sie wuchsen fast wie Geschwister
auf, waren sich sehr nah. Auch er musste damals fliehen, aber anders als sie landete
er bei Lorenz Gauklertruppe. Lorenz verdient nebenher Geld als Zigeunerjäger
und so beginnt ein Wettlauf, wer sie zuerst findet.
„Reiß die Brücken hinter dir nicht
ab, du musst wieder über sie zurückgehen!“ (S. 265)
Sunis / Magdalenes
Geschichte hat mich von Beginn an mitgerissen. 2 Seelen wohnen in ihrer Brust.
Sie liebt das Zigeunerleben, zumindest kennt sie es am besten. Aber tief in ihr
drin kommen auch die Erinnerungen an die Zeit davor immer wieder hoch – und sie
gefallen ihr. Auch Mathis steht ihr sofort wieder nah, als sie sich endlich
wiederfinden. Aber vorerst wird ihr Leben von der dauernden abenteuerlichen
Flucht beherrscht. Ich habe mich beim Lesen oft gefragt, ob sie wohl je an
einem Ort und in ihrem Leben ankommt, sich für einen Version davon entscheiden
kann – Magdalene oder Suni.
Mathis war für mich ein
schwer zu fassender Charakter. Er lässt sich jahrelang von Lorenz leiten
(unterdrücken) und bekommt erst durch Magdalene wieder eigenen Antrieb und
einen eigenen Willen. Dann lehnt er sich auch endlich gegen Lorenz auf. Etwas
untergegangen ist leider seine Andersartigkeit. Es gibt zwar ein paar Stellen
im Buch, an denen explizit darauf hingewiesen wird, dass er als Mohr damals für
so viel Entsetzen sorgte wie der Teufel persönlich, aber meistens geht das
leider unter, er bleibt etwas farblos (blödes Wortspiel, ich weiß).
Lorenz hingegen ist
eine extrem dominante Persönlichkeit, die dem Leser Schauer über den Rücken
jagt: sadistisch, brutal und gefühllos. Er geht im wahrsten Sinne des Wortes
über Leichen und erfüllt seiner verheirateten Geliebten jeden Wunsch – er
mordet ohne Reue für sie!
Diese (ihr Name wird
hier natürlich nicht verraten) ist ein berechnendes Aas. Sie will die
unbedingte Macht und Kontrolle und schiebt ihrem Mann sogar 2 Kuckuckskinder
unter. Erst, als man ihre grauenvolle Vorgeschichte erfährt, kommt so etwas wie
Mitleid für sie auf.
Die Schicksale der einzelnen Beteiligten haben mich zum Teil
sehr berührt. Dem Roman als Ganzes ist das leider nicht durchgängig gelungen.
Ein paar Stellen waren zu langatmig bzw. zu konstruiert. Außerdem gab es gerade
am Ende zu viele Zufälle. Ich weiß, dass diese
für die Geschichte notwendig waren, aber das hätte man m.E. eleganter lösen
können.
3,5 von 5 Sternen
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