Dienstag, 13. Juni 2017

Sweetbitter

Geschmackssache


von Stephanie Danler


Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
Verlag: Aufbau Verlag
ISBN-13: 9783351036720
Genre: Roman

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New York. Die Stadt verspricht Aufregung, Glitzer und Abenteuer. Auch Tess zieht es aus der Provinz in die schillernde Großstadt. Eigentlich hatte sie andere Pläne, doch um ihre Miete aufbringen zu können, beginnt sie in einem edlen und legendären Restaurant, dessen Ruhm so langsam verblasst, als Aushilfe.

Schnell merkt sie, dass das Restaurant seinen ganz eigenen Regeln folgt und mit seinen unzähligen verborgenen Ritualen eine unglaubliche Sogwirkung auf sie ausübt. Freundschaften, Affären und Intrigen gehören ebenso dazu wie die Kenntnisse über den richtigen Wein, den salzigen Geschmack von Austern und die Fähigkeit alles von Kaviar über Schweinefüße und Anchovis bis hin zu Seeigeln genießen zu können.

„Sweetbitter“ erzählt, wie Tess sich in dem Paralleluniversum, dass das Restaurant zu sein scheint, immer mehr verliert, doch vielmehr noch geht es um den Genuss, um die Wirkung, die zum Beispiel ein Stück Schokolade oder auch das Lichtspiel in den Bäumen auf die Sinne haben kann. Immer wieder werden Sinneseindrücke und Gefühle beschrieben, häufig ausgelöst von bestimmten Nahrungs- oder Genussmitteln. Diese Beschreibungen sind so eindringlich, dass man als Leser direkt mitempfinden kann.

Während ich diese Beschreibungen sehr mochte, so hatte ich dennoch mit dem Buch meine Probleme. Allzu ausufernd sind mir die Exzesse, an denen große Teile der Belegschaft beinahe allabendlich- oder nächtlich teilnehmen, wenn sie völlig aufgeputscht vom Abend das Restaurant geschlossen haben. Viel zu leichtfertig ist mir der Umgang mit Drogen, Alkohol und Sex. Die Selbstverständlichkeit, mit der Tess und die anderen eine Line ziehen oder Aufputschmittel nehmen, behagt mir gar nicht, denn es wirkt so, als sei das ganz normal und keine große Sache. Auch die derbe, teils vulgäre Sprache, die immer wieder aufkommt mag ich in keiner Weise. Sie steht in völligem Gegensatz zu den sinnlichen Beschreibungen des Genusses und des Schmeckens.

Ebenso hatte ich mit den Charakteren meine Schwierigkeiten, da mir eine Bezugsperson, jemand mit dem ich mich zumindest in Teilen identifizieren kann, fehlte. Die Protagonistin Tess lässt sich treiben und es scheint für sie nichts mehr zu existieren außer dem Restaurant, einer eher obsessiven Verbindung mit Simone und Jack, ebenfalls Angestellte des Restaurants, und den ausschweifenden Abenden. Simone und Jack scheinen nochmals in einem völlig eigenen, eher krankhaften, Universum zu leben und auch die übrige Belegschaft war für mich nicht greifbar.

Daher stehe ich dem Roman eher zwiespältig gegenüber. Es passiert nicht allzu viel, wodurch einige Längen entstanden und das Buch zog eher wie im Nebel an mir vorbei. Auf Seite 251, 1. Auflage heißt es: „Manchmal verdichteten sich alle Schichten zu einer einzigen.“ Für mich trifft das die Sache sehr gut. Von der ersten bis zur letzten Seite ist alles wie ein Rausch. Ereignisse, Emotionen, Beschreibungen. Alles überlagert sich und etwas konkret zu benennen ist schwierig. Ich weiß nicht, wie viel von dem Roman mir im Gedächtnis bleiben wird.

Mein Fazit: „Sweetbitter“ ist ein ungewöhnlicher Roman, der mit seiner Eindringlichkeit punkten kann, aber mich dennoch nicht erreicht hat. Mir fehlte schlichtweg eine voranschreitende Handlung und etwas, das ich besser nachempfinden kann. Eigentlich ist der Titel des Buches Programm: das Buch ist süß und bitter zugleich und ob man es mag, ist in diesem Fall mehr denn je Geschmackssache.

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