- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.08.2017
- Verlag : List Verlag
- ISBN: 9783471351543
- Fester Einband 528 Seiten
- Genre: Historischer Roman
Sein bester Freund und Vertrauter Alexander Menschikow findet das
verrückt, würde dem Zar aber nie wiedersprechen. Da Peter weiß, dass das in
seinen Augen rückständige Russland diese Mammutaufgabe nicht allein stemmen
kann, holt er sich Spezialisten aus aller Welt, um von ihnen zu lernen. Die
Hauptaufgabe aber, das sumpfige Gelände überhaupt erst bebaubar zu machen und danach
Straßen und Häuser hochzuziehen, wird von hunderttausenden Kriegsgefangenen und
Leibeigenen (ca. 40.000 pro Jahr) bewerkstelligt – in meinen Augen die
eigentlichen Erbauer von St. Petersburg.
„Die Stadt des Zaren“ liest sich fast wie ein Abenteueroman, denn es
waren Abenteurer, die sich auf die Umsiedlung in den Sumpf und den Aufbau der
Stadt einließen. Aus verschiedenen Sichtweisen erzählt Martina Sahler, wie St.
Petersburg gegen alle damals gängigen Vorstellungen und den Unwillen der Russen
aus dem Sumpf gestampft wurde: „Ich lasse mich von nichts und niemandem
aufhalten.“ (S. 306) ist Peters Leitspruch.
Zu den Pionieren der ersten Stunde gehört u.a. die fünfköpfige, ehemals
deutsche Arztfamilie von Richard Albrecht. Seine Frau Frieda und die 14jährige
Paula sind sofort begeistert, ahnen sie doch noch nicht, wie schwer und
entbehrungsreich das Leben auf der Großbaustelle sein wird, dass sie bis zum
Umfallen Verletzte und Kranke behandeln werden. Paula hofft gar, einmal Medizin
studieren zu können – „Kind, freu Dich an dem, was Du hast, statt
nach den Sternen zu greifen.“ (S. 42). Der kleine Gustav will
Schiffbauer werden – auch das fördert Peter besonders, denn er plant eine
Kriegsflotte – und Helena sehnt sich nach einer eigenen Familie. Verlieben wird
sie sich aber ausgerechnet in den Kriegsgefangenen Erik, der wegen ihr zum
Mörder wird ...
Erik und die anderen Kriegsgefangenen sind „menschliches Baumaterial“ –
unterernährt, kaum bekleidet und häufig verletzt halten sie im Durchschnitt nur
2-3 Monate durch, dann müssen neue ihren Platz einnehmen. Erik überlebt nur,
weil er auf eine Rückkehr in die Heimat zu seiner Verlobten hofft.
Auch die jungen italienischen Architektenbrüder Francesco und Matteo
versuchen in St. Petersburg ihr Glück. Matteos Motto gilt für viele
Hoffnungsvolle: „Was schert mich der Weg, der hinter mir liegt. Alles, was zählt, ist
die Zukunft.“ (S. 262)
Fjodor Bogdanowitsch, der General der Leibgarde, hofft auf den Aufstieg.
Seine Tochter Ariana soll den Zaren heiraten! Er begreift nicht, dass er für
die alte Zeit, das alte Russland steht. Ariana passt überhaupt nicht zu Peters
Plänen und Ideen und will ihn auch gar nicht ... Doch „In dieser Stadt schien alles
möglich zu sein; sie hatte keine Vergangenheit, nur einen Gegenwart und eine
Zukunft.“ (S. 330)
Es gibt natürlich noch viele weiter Protagonisten mit zum Teil sehr
bewegenden Schicksalen. Und auch Peters Lebensweg ist wird erzählt. Ein
Herrscher zwischen Rückstand und Moderne, der die alten Bärte nicht nur
symbolisch abschneiden will und immer wieder gegen seine Feinde in den Krieg
ziehen muss.
Martina Sahler hat ihr ein wahres Epos geschaffen, unterhaltsam
abenteuerlich und so spannend, dass ich die über 500 Seiten an nur 3 Abenden
„inhaliert“ habe. Lediglich das Ende fand ich etwas kurz, da nicht alle Stränge
aufgelöst wurden. Ich vermute und hoffe aber, dass die Geschichte weitergehen
wird ;-).
Besonders hervorheben möchte ich auch die tolle Ausstattung des Buches –
die Bild- und Farbgebung des Covers ist wunderschön. Innen in den Buchdeckeln
sind zur besseren Vorstellung und Orientierung eine Karte der Ostsee und ein
Stadtplan von St. Petersburg zu dieser Zeit abgedruckt. Vervollständigt wird es
durch ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel und ein erklärendes Nachwort der
Autorin.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen