- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 18.12.2017
- Verlag : Blanvalet
- ISBN: 9783734105081
- Flexibler Einband 512 Seiten
- Genre: Historischer Roman
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
Das Galeriemädchen
Lancashire 1916: Als ihr
Verlobter Teddy in den Krieg ziehen muss, bricht es Dolly das Herz. Sie hoffen,
dass die Kämpfe nur wenige Monate dauern und sie danach heiraten können. Doch
aus den Monaten werden Jahre und als Teddy 1919 zurückkommt, hat er ein
schweres Kriegstrauma und kann sich nicht an Dolly erinnern. Der Krieg hat ihre
Zukunft zerstört: „Ohne jemals ein Schlachtfeld gesehen zu haben, hatte auch ich
Verwundungen davongetragen.“ (S. 158)
London 1923: Dolly träumt
wie alle „Galeriemädchen“ (Arbeiterinnen, die sich nur die billigsten
Stehplätze der Theater auf der Galerie leisten können) davon, selber einmal in
einem Varieté-Theater zu tanzen. Noch hat sie es nicht geschafft, aber
zumindest arbeitet sie jetzt als Zimmermädchen im Savoy für die berühmten Gäste.
Vielleicht ist das ja ihr Sprungbrett? „Man kann nie wissen, was im Savoy alles
passiert.“ (S. 61) Doch schnell wird ihr klar gemacht, dass sie als
„Reinigungskraft“ unsichtbar zu sein hat. Man darf ihre Anwesenheit vielleicht
spüren, sie aber um Gotteswillen nie sehen.
Eines Tages entdeckt sie
die Anzeige des Komponisten Perry Clements in der Zeitung – Muse gesucht! – und
meldet sich. Was kann ihr schon passieren? „Ich wünsche mir mehr von Leben ...
und als ich die Anzeige sah, erschien sie mir als Wink des Schicksals.
Schließlich muss man selbst die kleinste Chance wahrnehmen, wenn man ein großes
Ziel erreichen will.“ (S. 289) Durch ihn lernt sie ihr Idol, seine
Schwester, die Schauspielerin Loretta May kennen und die drei treffen eine
Vereinbarung ...
Der Autorin Hazel Gaynor ist
mit „Das Mädchen aus dem Savoy“ eine sehr außergewöhnliche Geschichte gelungen.
Dolly, Teddy, Perry und Loretta sind Überlebende des 1. WK und verkörpern
verschiedene Gesellschaftsschichten. Jeder will diese schlimme Zeit auf seine Art
so schnell wie möglich vergessen und sein Geheimnis weiter verbergen.
Teddy hat sämtliche
Erinnerungen unterdrückt. Dolly ging 1919 nicht freiwillig nach London, aber
jetzt will sie ihre Chance nutzen und träumt vom großen Durchbruch. Loretta
macht zwar Karriere, aber sie kann nur betäubt durch Medikamente, Alkohol und
Drogen auf der Bühne stehen. Perry versucht sich als Komponist, aber die
Kriegserlebnisse lassen ihn nicht los. Ständig plagen ihn Schuldgefühle, die
ihn bei seiner Arbeit behindern.
Lorettas und Perrys Leben
haben sich durch den Krieg aber auch positiv verändert. Die Adeligen lehnen
sich gegen die althergebrachte Lebensweise ihrer Eltern auf. Im Krieg arbeitet
Loretta wie viele Frauen als Krankenschwester und Dolly in einer Munitionsfabrik.
Endlich gingen sie einer sinnvollen Tätigkeit nach, wurden gebraucht und haben
etwas geschaffen. Leider verloren sie dabei ihre Unbeschwertheit. „Wir
alle haben eine Vergangenheit ... Hinter einem Menschen steckt immer mehr, als
was er nach außen hin zeigt.“ (S. 365)
Obwohl das Buch über 500
Seiten hat, ist es durchweg fesseln und kurzweilig. Die Geschichte blieb bis
zum Ende überraschend und war nie vorhersehbar. Zudem transportiert Hazel
Gaynor die 20-er-Jahre-Stimmung perfekt durch die Beschreibung der Musik,
Theaterkostüme, Frisuren und Designerkleider der Stars. Ich kann Dolly
verstehen – einmal im Leben möchte ich auch Chanel tragen ...
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