Nachdem mich Katharina Maier zurzeit mit ihrer Reihe Die Erste Tochter begeistert (hier geht es zur Rezension von Band 1, die Rezi zu Band 2 folgt in den nächsten Tagen), habe ich die Gelegenheit genutzt und ihr die ein oder andere Frage gestellt...
Liebe Katharina,
ich kenne Dich als Autorin der Reihe „Die Erste Tochter“, von der bislang 3 Bände erschienen sind. Magst Du Dich kurz vorstellen?
Geboren wurde ich in der der Oberpfalz, oder anders gesagt: zwischen Hügeln und Wäldern im Nordosten von Bayern. Inzwischen lebe ich in Augsburg nahe der Mündung von Lech und Wertach. Dass Wälder und Flüsse in meinen Texten eine wichtige Rolle spielen ist, glaube ich, kein Zufall. Geschrieben habe ich eigentlich, sobald ich schreiben konnte; nur wurden die Geschichten immer länger. Die Erste Tochter ist auf 7 Bände angelegt. Ich schreibe breit und episch. Und futuristisch-fantastisch! Ich habe mich zwar auch schon an realistischeren und kürzeren Sachen versucht, bin aber nie dabei geblieben. Meine Brötchen verdiene ich mir als Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben. Mit den Texten anderer Menschen umzugehen, macht mir (fast) genauso viel Spaß, wie an meinen eigenen zu schreiben. Ich habe eine ganze Reihe von Sachbüchern über Kultur und Literatur, über schreibende Frauen und moderne Heldengeschichten veröffentlicht. Die Erste Tochter ist mein Erstlingsroman, inzwischen sind aber auch einige SF-Geschichten aus meiner Feder in Anthologien erschienen. Zum Beispiel gebe ich seit 2021 die Space-Opera-Reihe „Sternenglut“ mit heraus. Mit anderen Schreibenden zusammenzuarbeiten, finde ich unglaublich bereichernd!
In „Die Erste Tochter“ begleiten wir Myn, die nicht nur in einer stark patriarchalisch organisierten Gesellschaft lebt, sondern auch in einer spannend konstruierten Welt. Vieles im World Building erinnert an eine typische (High-) Fantasy Welt, doch über Myns Heimatplaneten Singis kreisen zum Beispiel auch Raumschiffe. Ich muss gestehen, für mich gab es bislang immer Science fiction oder Fantasy. Warum hast Du Dich für Future Fantasy bzw. Science Fantasy entschieden, wo die Grenzen nicht mehr so klar sind?
Ehrlich gesagt, war das ganz zu Beginn keine bewusste Entscheidung. Ich tendiere dazu, alles, was ich so mag, in meinen Geschichten zusammenzumixen. So bekam das „Mynversum“ ein SF-Setting mit Raumschiffen, das in unserer Zukunft angesiedelt ist – wenn die Menschheit in dieser Geschichte auch nur am Rande auftritt. Da Myns Heimatplanet aber so patriarchalisch, hierarchisch, religiös und traditionalistisch ausgerichtet ist, wirkt ihre direkte Umgebung eher wie eine High-Fantasy-Welt. Und einige Plot-Elemente erinnern vielleicht sogar an einen historischen Gesellschaftsroman. Die Bezeichnung Future Fantasy hatte ich mir eher für meine Leser*innen ausgesucht, um sie darauf vorzubereiten, dass sie kein typisches SF-Universum erwartet.
Inzwischen glaube ich aber, dass der Begriff meine Art von Genre-Mix gut trifft. Ich liebe das Spekulative an der Science Fiction – mir auszumalen, wie unsere Welt in der Zukunft oder in einem parallelen Universum aussehen könnte. Gleichzeitig interessiert mich der technologische Aspekt der Hard SF nur am Rande. Da lasse ich gerne meine Fantasie spielen und bringe Superkräfte, fantastisch anmutende Wesen oder ein bisschen was Übernatürliches mit ins Spiel. Alltag der Zukunft mit einem Schuss Magie. Das ist mein Ding.
Ich musste ja ein wenig Schmunzeln, dass die Singisen Kaffee lieben (was ich persönlich so gar nicht nachvollziehen kann – ich mag nicht mal Schokolade mit Kaffeegeschmack). Du bist in dem Punkt sicher völlig auf Seite der Singisen, oder?
Schokolade mit Kaffeegeschmack mag ich auch überhaupt nicht! Aber ich liebe sowohl Kaffee als auch Schwarzen Tee, mal das eine mehr, mal das andere. Ihre Kaffeeliebe haben die Singisen von meiner Mama.
Bei Tee, ganz egal welcher (außer Hagebuttentee), wäre ich sofort dabei.
Gibt es eine Figur in „Die Erste Tochter“, die Du Dir ursprünglich völlig anders vorgestellt hast, als sie dann letztlich geworden ist?
Mein Antagonist, der Oberster Priester, hatte im Laufe seiner Entstehungsgeschichte ungefähr 1000 Gesichter. Als mir die Idee für die Geschichte kam, war er ein religiöser Fanatiker, der Frauen und Nicht-Singisen hasst, nichts weiter. Ein ziemlich einfach gestrickter Bösewicht, aber ich dachte: Mehr brauche ich für diese Geschichte auch nicht. Doch er hat mich immer wieder überrascht. Zum Beispiel ist er ein sehr guter Politiker und kompetenter Anführer. Und er ist nicht so lieblos und selbstzentriert, wie ich geglaubt hatte. Manchmal frage ich mich sogar selbst, ob er überhaupt der „Bösewicht“ ist. Das Spannende für mich ist, dass all die Facetten, die dieser Antagonist von Anfang bis Ende durchgemacht hat, noch in der Romanreihe vorhanden sind. Ich hoffe, das macht ihn auch spannend für die Leser*innen!
Für mich ist er das auf jeden Fall. Auch wenn ich ihn nicht mag, er ist eine großartie Figur.
Mit welchem Deiner Charaktere würdest Du Dich gerne mal zum gemütlichen Plausch auf einen Kaffee treffen (oder ihm/ihr gehörig Deine Meinung sagen)?
Es gibt da diesen Musiker und Liebhaber schöner Männer, der ab dem dritten Band der Ersten Tochter eine größere Rolle spielt. Mit ihm könnte man sich hervorragend über Kunst, Musik und die Welt unterhalten. Ganz ungezwungen, aber gleichzeitig auch ein bisschen herausfordernd. Und im Anschluss würde er wahrscheinlich total leckeres Abendessen kochen.
Was magst Du nicht am Schreiben?
Dass ich nie genug Zeit dafür habe. Manchmal habe ich das Gefühl, die Ideen schlüpfen mir durch die Finger, weil ich einfach nicht die Gelegenheit bekomme, sie aufzuschreiben. Das ist ein ekliges Gefühl.
Bei welchem Autor würdest Du sofort JA sagen, wenn er anfragen würde, ob ihr ein gemeinsames Projekt starten wollt?
Bei Neil Gaiman wäre die Versuchung groß. Weil er mich als Person und Künstler fasziniert, aber vor allem, weil er so viel Erfahrung mit Co-Autorenschaft hat. Da könnte ich bestimmt einiges von ihm lernen.
Wer ist Dein literarischer Lieblingsheld oder Bösewicht?
Nichts und niemand toppt Aragorn aus „Herr der Ringe“. Er hat so eine stille Größe und selbstverständliche Würde. Er ist Krieger und König, aber auch Heiler, Poet und zutiefst naturverbunden. Ich mag, wie vielschichtig er als literarische Figur ist. Man erfährt ja im Buch gar nicht so viel über ihn, aber trotzdem erahnt man die hintergründige Geschichte, die Aragorn mit sich herumträgt. Mir gefällt auch, dass wir es hier mit jemandem zu tun haben, der seinen Platz in der Welt schon gefunden hat. Er wartet nur, bis die Welt zu ihm aufschließt.
Verrätst Du, welches Buch Du als Kind geliebt hast?
„Urmel aus dem Eis“. Eigentlich habe ich viele Bücher geliebt, aber mit dem Urmel habe ich das Selber-Lesen angefangen. Nachdem ich meine Mama beim Vorlesen so lange gequält hatte mit „Noch eine Seite, noch eine Seite“, ist ihr rausgerutscht: „Dann lies doch selber!“ Und das habe ich dann gemacht und sie damit verblüfft, dass ich es schon konnte. Vielleicht kannte ich das Buch auch einfach auswendig, das weiß ich nicht mehr! Auf jeden Fall glaube ich, die Urmel-Geschichten haben mich nachhaltig geprägt: Da geht es um Sprache, eine starke Mutterfigur, „found familiy“ und auch ums Schreiben. „Urmel im Vulkan“ besteht komplett aus einer Geschichte, die Mama Wutz auf ihrer Schreibmaschine geschrieben hat. Das war mein erstes Buch über Bücher!
Und zum Abschluss:
Ein guter Tag beginnt mit…
nicht vom Wecker geweckt zu werden
Der Schreibtisch: chaotisch oder tadellos aufgeräumt?
Kreatives Chaos. Mit Tiefenschichten.
Was darf in Deinem Kühlschrank nie fehlen?
Kaffee! Und ja, das Pulver steht bei mir im Kühlschrank. Ich habe von meiner Mama gelernt, dass der Kaffee dann besser schmeckt.
Vielleicht sollte ich das auch ausprobieren, auch wenn ich skeptisch bin, jemals eine Variante zu finden, die mir schmeckt.
Ich danke Dir sehr für Deine spannenden Antworten und hoffe, dass Du ganz viel Zeit zum Schreiben des vierten Bandes findest. Ganz viele liebe Grüße nach Augsburg.
PS. Mehr über und von Katharina findet ihr ihrer Homepage katharina-maier.de
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