„Jeder einzelne von ihnen ging gerade durch eine schwere Zeit, brauchte etwas Halt, den ihm die Familie nicht geben konnte.“ (S. 128)
Thea hat 25 Jahre in Portugal gelebt, die letzten 5 als wandernde Ziegenhirtin. Es war ein schönes, freies Leben, geprägt durch harte Arbeit. Jetzt mit 50 kehrt sie zurück nach Deutschland, auf einen kleinen Lebenshof in der Lüneburger Heide, am Rand der Stadt, aus der sie damals geflohen ist.
„Ein kräftiger Mann, der immer etwas krumm lief und sich hier eine kleine Arche Noah geschaffen hatte, als müsse er sich vor der Welt da draußen beschützen.“ (S. 52) Benno ist ein Eigenbrötler und lebt seit vielen Jahren allein auf dem Hof am Moor, doch seit Corona kommen nicht mehr genügend Spenden rein, um die Unkosten zu decken. Darum hat er in ein Nebengebäude zwei Wohnungen eingebaut, Thea ist die erste Mieterin. Die beiden sind sich nicht unsympathisch, aber es prallen Welten aufeinander. Thea ist laut, offen und fröhlich, geht auf Menschen zu und hat als Haustier zwei Ziegen dabei, die sie mit der Flasche aufgezogen hat und die Bennos Kräuterbeete plündern. Der hatte gehofft, so wenig wie möglich mit seinen Mietern zu tun zu haben. Dann findet er auch noch die verletzte Juli im Wald, die zu Fuß nach Amsterdam wollte und jetzt erstmal nicht mehr weiterkommt.
Alle drei haben Probleme, vor denen sie mehr oder weniger davonlaufen. Bennos Hof steht kurz vor der Zwangsversteigerung, Thea muss sich ihrer Vergangenheit und Zukunft stellen und Juli fühlt sich seit dem Tod ihres Großvaters wurzellos. Und sie haben noch etwas gemeinsam: Sie sind sehr naturverbunden und auf der Suche nach ihrer persönlichen Freiheit, ihrer Art zu leben. Auf Bennos Selbstversorgerhof könnten ihre Träume Wirklichkeit werden, wenn sie ihn irgendwie retten können.
Romy Fölck schreibt sehr intensiv und detailreich. Mir gefällt, wie die Liebe der Protagonisten zur Natur, ihre Beobachtungen, Eindrücke und Stimmungen beschrieben werden. Man sieht die Moorlandschaft förmlich vor sich, den Sonnenaufgang, den Benno jeden Morgen beobachtet. Sein leicht verlotterter Hof bildet den Mittelpunkt der Handlung, auf ihm werden Probleme gewälzt, Lösungen gesucht und Geheimnisse gelüftet. Innerhalb kürzester Zeit wachsen die Bewohner zusammen.
Es ist eine leise, bewegende Geschichte, die mir gut gefallen hat – nur das Ende war mir etwas zu schnell zu happy.
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