Aller schlechten Dinge sind drei
„Was macht eine Leiche eine Stunde, vierzehn Minuten und zweiunddreißig Sekunden, bevor sie zur Leiche wird? Sie flucht!“ (S. 9)
Über Sylt braut sich ein Sturm zusammen, nicht nur wettertechnisch, sondern auch zwischen Umweltschützern und „Umweltschweinen“. Wie können sich erstere aber auch direkt vor der Rampenabfahrt des Bahnhofs in Westerland festkleben und damit das Abladen des Autozugs blockieren. Robert Garstig, Entsorgungsgigant, will sich ein paar schöne Tage mit seiner Geliebten machen und lässt sich nicht davon aufhalten. Er überfährt eiskalt die Absperrung, wobei ihm egal ist, ob er dabei auch den Fuß eines Klimaaktivisten erwischt. Vielleicht würde er zwei Stunden später noch leben, wenn er das nicht getan hätte. Während sich Roberts Witwe noch aufregt „Ist das die Mordwaffe? Der Golfschläger? … Die hätte man als ›unbenutzt‹ im Set weiterverkaufen können.“ (S. 68), wird schon die zweite Leiche gefunden. Rollo Tögersen, Besitzer einer Fischfangflotte, treibt mit durchgeschnittener Kehle im Hafenbecken von List. Das freut nicht nur die Umweltschützer, sondern auch den Gerichtsmediziner: „Wunderbar, noch ein Fall mit Pfiff. Heute ist mein Glückstag!“ (S. 92). Bis eine dritte Leiche gefunden wird …
Auf den Überwachungsvideos an den Tatorten ist immer wieder dieselbe junge Frau zu sehen: Pia. Sie gehört zur Gruppe der „Letzten Tage“, die sich um den Anführer Hubertus von Dobenstein gescharrt hat. Kein Wunder, dass die Polizei da mal genauer nachfragt. Ihre Schwester Mia ist überzeugt, dass Pia zwar vielleicht von Hubertus verblendet und radikal ist, aber einen Mord traut sie ihr nicht zu. Bei ihren Bemühungen, Pias Unschuld zu beweisen, wird sie (gegen ihren Willen) von dem Enfant terrible Fred (Frederick Ragnar Mencksen der Fünfte) unterstützt. Der exzentrische Sohn einer Hamburger Hanseatenfamilie liebt den Müßiggang, ausgefallene Kleidung und gilt als „…, sympathisch, aber schräg.“ (S. 27). Und er ist wahrscheinlich zum ersten Mal im Leben wirklich verliebt, in Mia, die ihn leider (noch nicht?) will. Ob da sein Wahlspruch „Ich bin erfahren, einsatzfreudig, und ich gehe gern auf alle Wünsche ein.“ (S. 110) weiterhelfen kann?!
Tatjana Kruse, die Königin der Krimödie, hat wieder zugeschlagen und mordet da, wo anderen Urlaub machen. Dabei lässt sie kein Vorurteil aus, kein Klischee ungenutzt verstreichen und kein Auge trocken. Ihre Protagonisten sind herrlich überspitzt und lassen das Kopfkino laufen. Wer bei Fred nicht sofort Austin Powers (natürlich in viel jünger, schöner und reicher) in seinen durchgeknallten Kostümen vor dem inneren Auge hat, sollte ihn unbedingt googeln. Und auch bei Hubertus von Dobenstein und seinen Beweggründen bleiben keine Fragen offen: „Ich halte ihn für den Hugh Hefner unter den Klimaschützern …“ (S. 168).
Doch natürlich ist „Schöner sterben auf Sylt“ auch wieder ein wirklich spannender Krimi, der sich genau wie das Unwetter über der Nordsee immer mehr zuspitzt. Wird der Mörder erneut zuschlagen, bevor die Polizei oder Fred und Mia ihn stoppen können?!
Ein etwas anderer Küstenkrimi mit viel Sylt- und Urlaubsflair.
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