Herzlich Willkommen, lieber Jørn.
Ich freue mich sehr, Dich und Deinen Roman im Rahmen der Aktion „Blogger für Homer 2024“ vorzustellen.
Seit ich Deinen Roman „Das Geheimnis des Dr. Alzheimer“ mit Begeisterung gelesen habe, bin ich ein Fan Deiner Schreibkunst.
Jørn: Danke, Patricia, das freut mich sehr.
Patno: Mit diesem Buch hast Du es 2018 schon einmal auf die Shortlist für den Homer Literaturpreis geschafft und den „Bronzenen Homer“ erhalten.
Jørn: Ja, ich war damals baff vor Glück. Ich hatte ja bis dato nur Drehbücher geschrieben. Dass gleich mein Debüt-Roman so einer Jury gefallen hat, war für mich eine Riesenfreude, zumal mir das Thema so ein Anliegen war. Bei der Preisverleihung habe ich dann auch liebe Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, zu denen ich noch heute Kontakt habe.
Patno: Nun ist Dein neuer Roman „Die Heilerin vom Rhein“ für den diesjährigen Homer-Literaturpreis nominiert und dazu gratuliere ich Dir von ganzem Herzen.
Jørn: Tausend Dank, ich kann es immer noch nicht ganz fassen.
Patno: Wie fühlst Du Dich als „Wiederholungstäter“? Hast Du mit einer Nominierung gerechnet?
Jørn: Nein, ich bin vor Freude ausgeflippt. Gerade weil es bei dem Hildegard-Roman 25 Jahre bis zur Veröffentlichung gedauert hat und es viele Rückschläge gab, bedeutet mir diese Ehre besonders viel.
Patno: Und peilst Du in diesem Jahr den Silbernen oder Goldenen Homer an?
Jørn: Es sind ja neun weitere starke Romane nominiert, von denen ich einige kenne und schätze. Ich fühle mich also erstmal einfach geehrt, in einem Atemzug mit den talentierten Kolleginnen und Kollegen genannt zu werden.
Patno: Lieber Jørn, vielleicht magst Du Dich und Dein Buch kurz vorstellen.
Patno: Was ich schon lange wissen wollte, wie kommst Du zu dem „ø“ in Deinen Namen? Meines Wissens benutzt man das in Schweden, Dänemark und Norwegen. Ist es eine Art Kunstgriff, Dein schriftstellerisches Schaffen vom normalen Leben abzugrenzen?
Jørn: Meine Mutter ist in der Nähe der dänischen Grenze aufgewachsen, und dort haben wir auch immer die schönsten Ferien bei der Oma und den Tanten verbracht. Meine Brüder heißen Sven und Lars, da wäre Jørn mit dem dänischen ø naheliegend gewesen, aber das ging bei den deutschen Behörden nicht. Privat und bei Veröffentlichungen meiner Geschichten verwende ich es aber immer.
Patno: Auch die Charlotte Jacobi Romane, die Du gemeinsam mit Eva Maria Bast schreibst, zählen zu meinen Buchlieblingen. Mir ist aufgefallen, dass Du mit ihr gemeinsam mehr Bücher geschrieben hast als allein. Woran liegt das ? Macht Dir das gemeinsame Schreiben mehr Spaß?
Jørn: Das liegt schlicht am Erfolg unserer gebündelten Kräfte. Zusammen unter dem Pseudonym Charlotte Jacobi haben wir uns von Anfang an über Bestseller freuen dürfen. Deshalb gab es viele Folgeverträge. Da ich eine Vollzeit-Professur für Storytelling habe, kann ich, anders als meine liebe Kollegin Eva, zeitbedingt nicht so viele Solo-Romane schreiben.
Patno: Du bist Dozent, Drehbuchautor, Regisseur, Filmproduzent Schauspieler und Romanschreiber…? Wow, wie schaffst Du es, alles unter einen Hut zu bekommen? Hat Dein Tag 40 Stunden?
Jørn: Das wäre hilfreich. Tatsächlich schreibe ich primär abends, am Wochendende und in der vorlesungsfreien Zeit. Die Professur und unser Storytelling-Institut an der Stuttgarter Hochschule der Medien machen eben auch viel Spaß.
Patno: Gönnst Du Dir auch Pausen? Und was machst Du, wenn Du einmal von alldem Abstand brauchst?
Jørn: Kino, Theater, Schwimmen und liebend gern Reisen zu Verwandschaft und Freunden an der dänischen Grenze. Auf Autofahrten genieße ich die Hörbücher meiner Kolleginnen und Kollegen.
Patno: Kommen wir zu Hildegard von Bingen. Im Nachwort Deines Romans erzählst Du, dass Du 1996 auf ihre Kompositionen aufmerksam wurdest und Dich ihr Lebenslauf seither fasziniert. Genau das spürt man in jeder Zeile Deiner Romanbiografie.
Jørn: Das ist für mich ein großes Kompliment, vielen Dank. Die Musik höre ich noch heute gern, sie entführt mich in eine andere Welt.
Patno: Kannst Du unseren Lesern einen kleinen Einblick in Deine Recherchearbeit vermitteln?
Jørn: Ich war damals in dem St. Hildegard-Kloster in Rüdesheim, bei ihren Reliquien, am Kraftort der Ruine Disibodenberg und in unzähligen Bibliotheken. 1996 war das Internet noch relativ neu.
Patno: Eigentlich sollte aus dem Stoff damals in den 1990er Jahren ein Film werden.
Jørn: Ja, leider wurde aus dem geplanten TV-Zweiteiler nichts.
Patno: Erst 25 Jahre später entstand Dein Roman, der auf den neuesten Forschungsergebnissen über das Leben und Wirken der Hildegard von Bingen beruht. Was waren das z.B. für neue Informationen?
Jørn: Die Biografie ihrer Mentorin Jutta von Sponheim wurde relativ spät berücksichtigt, und seit Neuestem gibt es einen Streit darüber, wo Hildegard geboren wurde. Auch über Hildegards "Assistentin" Richardis von Stade und deren Familie gab es neues Detailwissen.
Patno: Wie viel von Deinem ursprünglichen Drehbuch konntest Du verwenden?
Jørn: Der grobe Ablauf der Geschichte ist noch da, allerdings ist die zentrale Bedeutung von Hildegards Buchmalerin Elisabeth und des Ritters Siger von Wavra als Perspektivfiguren neu. Das löste für mich einige dramaturgische Probleme. Allerdings erzählt "Die Heilerin vom Rhein" nur die Hälfte der Geschichte. Es wird also einen zweiten Band geben.
Patno: Am Ende unseres Interview ist die Zeit für einen Ausblick gekommen. Gibt es Persönlichkeiten, über die Du gerne einmal schreiben würdest?
Jørn: Unter unserem Pseudonym Romy Herold haben Eva Bast und ich jüngst die Geschichte von Clara Ritter, der Erfinderin des berühmten Schokolade-Quadrats, aufschreiben dürfen, der Roman erscheint im Februar. Dafür habe ich sehr eng mit Claras Enkelin Marli-Hoppe Ritter arbeiten dürfen, für mich als gebürtiger Schwabe und Schokoholic wurde dabei ein Traum war.
Patno: Ist eventuell schon ein neues Soloprojekt von Jørn Precht in Arbeit?
Jørn: Tatsächlich arbeite ich gerade für den Piperverlag an einem Roman über Jeanne d'Arc.
Patno: Könntest Du Dir vorstellen, einmal über lebende Legenden zu schreiben?
Jørn: Der neue Charlotte Jacobi-Roman spielt 1978. Ich war froh, dass ich einmal an einer Geschichte arbeite, zu deren Spielzeit ich schon gelebt habe. Recherchieren musste ich aber auch diesmal.
Patno: Ich habe gelesen, dass Dich die Musik von ABBA begeistert. Da haben wir etwas gemeinsam.
Jørn: Guter Geschmack :)
Patno: Wäre das z.B. ein Romanstoff für Dich, oder sind es eher die großen geschichtlichen Themen, die Dich inspirieren?
Jørn: Doch, das ist schon eine schöne Vorstellung, aber als Sängerin Frida Lyngstad-Reuss 1998 eine Presse-Ente las, derzufolge das damals in Planung befindliche Musical "Mamma Mia" die Geschichte von ABBA erzählen würde, hat sie ein wütendes Fax an ihren Bandgenossen Björn Ulvaeus geschickt: "Was zur Hölle machst du da?"
Er hat den Irrtum rasch aufgeklärt, aber der Vorfall zeigt: Keiner der Mitglieder möchte die eigene Geschichte adaptiert haben. Obwohl ich als eingefleischter Fan viel wüsste, wird daraus also nichts.
Patno: Herzlichen Dank für das tolle Interview. Wir sehen uns am 14.09.2024 in Lübeck zur Preisverleihung. Die Daumen sind fest gedrückt.
Jørn: Ich danke Dir, und freue mich auch schon sehr.
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