Goldgräberromantik,
Intrigen und
Verstrickungen im Zeichen der Sterne
Verstrickungen im Zeichen der Sterne
Erschienen im:
btb Verlag
Erschienen
am: 07.11.2015
ISBN:
978-3-442-75479-3
Preis: €
24,99
Gebundene Ausgabe
mit Schutzumschlag
Dieses
hochgelobte Buch von Eleanor Catton machte die Autorin mit 28 Jahren zur bisher
jüngsten Booker Prize-Trägerin. Die in Kanada geborene neuseeländische Autorin veröffentlichte
das englischsprachige Original 2013 unter dem Titel The Luminaries. Die deutsche
Übersetzung kam im November 2015 heraus.
Die
komplexe Geschichte spielt im Neuseeland, Mitte des 19. Jahrhunderts, zu Zeiten
des großen Goldrausches. Dachte ich zu Beginn noch, dass der frisch in der
Goldgräberstadt Hokitika eingetroffene Mr Moody der Protagonist sein könnte,
lernte ich nach und nach, dass der „Wir-Erzähler“ in seiner Erzählung ständig
die Perspektive wechselt und uns hierbei indirekt aus Sicht und Wahrnehmung von
mehr als einem Dutzend Hauptfiguren die Geschehnisse und nach und nach auch die
Zusammenhänge darstellt.
Ins
Auge fällt, dass die Länge der Kapitel genau wie die Länge der 12 Buchteile mit
fortschreitender Geschichte immer weiter abnehmen und somit eine Referenz zum
abnehmenden Mond herstellen. Zudem werden ständig Bezüge zu Sonne, Mond und
Planeten Konstellationen hergestellt. Jedes Kapitel hat unter der Überschrift
eine kurze Zusammenfassung, die interessanterweise in den letzten Kapiteln
überproportional zunehmen.
Besagter
Mr Moody trifft zu Beginn auf eine Versammlung von zwölf Männern, die
verschiedener nicht sein könnten. Dies wird im Verlauf der Erzählung immer
deutlicher. Ob der unehrliche Magnat Mannering, der investigative Journalist
und Zeitungsherausgeber Löwenthal, ein chinesischer Opiumdealer, der engagierte
und unternehmungslustige Geistliche Devlin oder der weise Maori Tauwhare – um
nur einige zu nennen. Alle haben eines gemein, sie sind - ohne so recht zu
wissen warum – in mysteriöse Geschehnisse rund um einen Komplott verstrickt.
Mehr oder weniger gemeinsam, versuchen sie der Sache auf den Grund zu gehen. So
präsentieren sich anfänglich ausgedehnte Szenen, die in keinem greifbaren
Zusammenhang zu stehen scheinen. Doch immer wieder scheint es zentrale
Verbindungspunkte über eine Hand voll Personen zu geben, die nicht Teil dieser
ausgehenden Versammlung sind. Zum einen lesen wir immer wieder über einen
offensichtlich verschlagenen und heimtückischen Frances Carver oder die begehrte,
aber opiumsüchtige Hure Anna Wetherell. Des weiteren der scheinbar vom Glück
beseelte, aber spurlos verschwundene Minenbesitzer Emery Staines, der
alkoholkranke, verstorbene Einsiedler Crosbie Wells, die Trickbetrügern Lydia
und der Politiker Lauderdall.
Die
Charaktere sind hierbei fein, aber teilweise auf eine ambivalent verstörende
Art ausgearbeitet. Hier gibt es nicht nur Schwarz und Weiß. Oft denkt man einen
Charakter erfasst zu haben, um später eine ganz andere Persönlichkeit zu
erkennen.
Wird
dürfen in entbehrungsreiche Leben von Goldgräberpionieren schauen, bei denen
das große Glück und der Absturz eng beieinander liegen, erhalten kleine
Einblicke in die Gedankenwelt eines Maori sowie zweier emigrierter Chinesen. Wir
begegnen einander (ent-)fremd(et)en Brüdern, nehmen Anteil an einer
schicksalstiefen Liebe, sehen menschliche
Machenschaft und Manipulationen, Lug und Betrug, Naivität und Berechnung.
Die Gestirne erforderte vor allem zu Beginn meine volle Lesekonzentration. Mit stolzen 1.040 Seiten ist es zudem eine umfangreiche Lektüre. Der kunstvolle Schreibstil bereitete mir außerordentliche Lesefreude. Eleanor spielt hier mit zahlreichen Stilmitteln, die den Inhalt angenehm vertiefen. Trotz gehobenem Sprachniveau und komplexer Handlung lesen sich die Gestirne flüssig. An dieser Stelle auch ein großes Lob an die Übersetzerin. Auch wenn ich keinen direkten Vergleich mit dem Original ziehen kann, so erkennt man doch ihre detaillierte Einarbeitung in Materie und Stilistik.
Was
mir sehr gut gefiel, aber sicher nicht jedermanns Sache ist, dass schlussendlich
nicht alles aufgeklärt wurde und der Fantasie des Lesers ein wenig Freiraum gelassen
wird.
Fazit:
Ein Buch der Extraklasse, das mit seinem Umfang und seiner Komplexität einen hohen Leseanspruch hat. Die Referenzen in die Astrologie geben dem Buch eine ganz besondere Note. Für mich ein tolles Lese-Highlight zum Jahresende 2015.
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