Gelungene Adaption mit kleineren Schwächen
Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: HarperCollins
ISBN-13: 9783959670180
Die siebzehnjährige Cat Morland wächst gut behütet im Piddle
Valley auf. Bislang ist sie kaum aus ihrer gewohnten Umgebung herausgekommen.
Nur in ihren geliebten Büchern kann sie fremde Welten erforschen. Daher freut
sie sich umso mehr, als ihre Nachbarn sie einladen, sie zu einem Kulturfestival
nach Edinburgh zu begleiten.
Ein paar spannende Wochen beginnen, in denen Cat nicht nur
neue Bekanntschaften macht und das Leben in der Stadt kennenlernt. Sie trifft
auch auf den jungen Anwalt Henry Tilney, der sie von Anfang an nicht mehr los
lässt. Überglücklich nimmt sie die Einladung der Tilneys an, einige Zeit mit
ihnen auf Northanger Abbey zu verbringen. Ob es in dem düsteren Gemäuer auch
ebenso düstere Geheimnisse zu entdecken gibt? Zumindest in Cats Fantasie ist
nichts ausgeschlossen…
Val McDermids „Northanger Abbey“ ist Teil des Austen
Projects, in dem sechs zeitgenössische Autoren Jane Austens Werke adaptieren
und eigenständige Werke erschaffen. „Northanger Abbey“ ist die erste deutsche
Übersetzung. Im englischen Original sind bislang auch schon „Emma“ (Alexander
McCall Smith) und „Sense & Senibility“ (Joanna Trollope) erschienen. Mit „Eligible“
(Curtis Sittenfeld) wird im April eine neue Version von „Stolz und Vorurteil“
kommen.
Auf „Northanger Abbey“ war ich sehr gespannt, da ich Jane
Austens Parodie auf die Schauerromane ihrer Zeit sehr mag. Leider wurde ich
zunächst enttäuscht. Etwa das erste Drittel lang hatte ich das Gefühl, dass alles
nur so dahin plätschert und wären nicht die ständigen Betonungen von Facebook,
SMS und ähnlichem gewesen, hätte ich kaum sagen können, in welcher Zeit der
Roman eigentlich spielen soll. Die Sprache ist einerseits stark an Jane Austen
angelehnt und wirkte für mich gerade anfangs sehr aufgesetzt, da andrerseits dennoch
Begiffe wie „cool“, „social media“ eingeflochten wurden. Das passte für mich
nicht so recht zusammen. Für mich wäre es flüssiger gewesen, wenn auch die
Sprache stärker an unsere Zeit angepasst gewesen wäre.
Zum Glück hat mich die Geschichte doch noch immer mehr in
ihren Bann gezogen. Die Handlung orientiert sich natürlich stark am Original,
aber ich hatte das Gefühl, dass das Alte und Moderne immer besser miteinander
verwoben wurde. Cat gewann mehr Tiefe und es hat Spaß gemacht ihre Entwicklung
vom naiven Mädchen hin zu einer jungen Frau, die gelernt hat, dass das Leben
nicht wie in einem Roman abläuft, mitzuerleben. Zudem lernt Cat, dass nicht
alles so ist, wie es zunächst scheint und dass sie ihr Umfeld auch mit einem
kritischen Auge betrachten muss. Ihre fast kindliche Schwärmerei für Vampire
und düstere Geheimnisse erhalten einen kräftigen Dämpfer und lassen sie reifen.
Die Entwicklung der weiteren Charaktere ist bei Weitem nicht
so ausgeprägt, doch konnte ich sie mir größtenteils auch gut vorstellen. Am
kritischsten sehe ich Henrys Schwester Ellie, da sie oft wie aus einer anderen
Zeit wirkt. Ich mag sie sehr, aber sie könnte tatsächlich fast Austens Zeit
entsprungen sein. Sie passt wunderbar in die alte Abtei, aber ich kann sie mir
schlecht in einer modernen Großstadt vorstellen.
Doch trotz meiner Kritik an einzelnen Punkten, hat mich Val
McDermids Adaption letztlich überzeugt und ich finde, dass sie es mit einigen
Abstrichen gut geschafft hat, den schmalen Grat zwischen unserer Gegenwart und
der Vergangenheit zu treffen.
Mein Fazit: Diese neue Version von Northanger Abbey ist ein gelungenes,
eigenständiges Werk, welches ich vielleicht nur nicht unbedingt den
eingefleischten Fans von Val McDermids Thrillern empfehlen würde, da es sich
sehr von diesen unterscheidet. Ansonsten kann ich jedoch sagen, dass es mir
Spaß gemacht hat in Cats Leben einzutauchen und ich freue mich schon auf
weitere Romane des Austen Projects.
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