- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.04.2016
- Aktuelle Ausgabe : 11.04.2016
- Verlag : Insel Verlag
- ISBN: 9783458361411
- Flexibler Einband 491 Seiten
- Genre: Roman
Romy
stammt aus Großzscherlitz, einem kleinen Dorf im Erzgebirge. Sie ist vor Jahren
ausgezogen, um eine berühmte Schauspielerin zu werden. Berühmt geworden ist sie
auch, allerdings als eine der besten Souffleusen. Aber als sie gekündigt wird
und ihre Oma stirbt, kehrt sie in ihr Heimatdorf zurück, um ihre Wunden zu
lecken und zur Ruhe zu kommen. Dort angekommen stellt Romy fest, dass die Zeit
anscheinend stehen geblieben ist, das Dorf stirbt aus, es kommen keine Besucher,
alles ist trostlos, es sieht aus wie im Mittelalter. Die Alten sind vereinsamt
und kämpfen nur noch um die letzten beiden Grabstätten auf dem Friedhof. „Sie
war einsam. Alle im Dorf waren das. Gemeinsam einsam.“ (S. 81)
Zu
Romys Erbe gehört neben dem Haus auch eine baufällige Scheune. Sie kann nicht
weiter zusehen, wie die Alten versuchen, möglichst bald zu sterben und hat eine
Idee: sie wird die Scheune in ein elisabethanisches Theater umbauen. Ihre
eigene Bühne - und die Welt wird ins Dorf kommen, wenn das Dorf schon nicht in
die Welt geht!
So
verrückt die Idee anfangs auch scheint, es funktioniert. Zuerst kommen die
Bewohner nur zum Schauen, aber nach und nach packen alle mit an – das Dorf
rückt immer mehr zusammen. „Sie bauten nicht nur ein Theater. Sie
bauten sich ein neues Leben.“ (S. 209)
Aber
der Ausbau der Scheune ist nicht das einzige Problem, sie brauchen auch
Schauspieler. Das Zugpferd der Aufführung ist Ben, der „Frischedoktor“ aus
einem Waschmittelspot und Romys letzter Flirt. Die anderen Rollen sollen von
den Alten besetzt werden – sozusagen „Romeo und Julia“ im Altersheim (auf
sächsisch!). Das stößt nicht nur auf Gegenliebe: „Die meisten sind über siebzig,
Romy! Du kannst Romeo doch nicht im Rollator über die Bühne schicken. ... Und was ist
mit dieser Balkonszene? Da brauchen wir ja einen Treppenlift!“ (S.228)
„Romeo
und Romy“ ist so ganz anders als erwartet. Leise, ruhig, bedächtig – wie die
Bewohner des Dorfes. Es schleicht sich von hinten an und zieht einem die Beine
weg. Die Protagonisten und die Handlung sind makaber und surreal. Ein Dorf, das
ausstirbt; Bewohner, die versuchen, sich vor den Bus zu werfen oder beim
Fensterputzen aus selbigem zu stürzen... Aber als sie endlich wieder eine
Aufgabe haben, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Neue Freunde finden
sich und alte vertragen sich endlich wieder. Einige geben sogar ihr Leben für
Romys Traum, aber vorher haben sie wenigstens nochmal gelebt: „Die
Alten sterben, weil sie das sowieso tun. Aber vorher hatten wir soviel Spaß wie
seit Jahren nicht mehr!“ (S. 452)
Sie
sind in ihrer Art sehr sympathisch, man fühlt und leidet mit ihnen, möchte aber
gerade Romy und Ben auch ab und an schütteln, wenn sie sich wieder in ihrem
Kleinkrieg verzetteln.
Zwei
kleine Mankos hatte das Buch aber für mich: die Kapitel waren mir oft zu kurz
und ich hätte mir manchmal etwas mehr Spannung gewünscht, wenn die Handlung gar
zu sehr dahinplätscherte.
Aber
es gab auch ein persönliches Highlight: ein kleiner Teil des Romans spielt in
meiner Heimatstadt Dresden, unter anderem im Schauspielhaus, wo auch ich sehr
gerne zu Theaterpremieren gehe.
Mein
Fazit: Eine Ode an die Menschlichkeit. Voller großer Gefühle. Nichts für
Zwischendurch.
Vielen Dank an den Shurkamp Insel Verlag für das Rezensioneexemplar. Hier findet Ihr alle weiteren Informationen zum Buch.
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