- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 13.06.2016
- Verlag : Heyne, W
- ISBN: 9783453419230
- Flexibler Einband 480 Seiten
- Genre: Roman
Mich hat lange kein Buch mehr so gefesselt wie „Die
Holunderschwestern“ – bereits die ersten 160 Seiten habe ich an einem Tag
regelrecht verschlungen. Einmal angefangen, konnte ich es kaum mehr aus der
Hand legen, es ist spannender als mancher Krimi!
Die zwei Hauptpersonen Fanny und Katharina wagen jeweils
einen Neuanfang. Fanny geht 1918 nach dem Tod der Mutter ohne ihre
eifersüchtige Zwillingsschwester Fritzi nach München, um als Köchin zu arbeiten.
Katharina erfüllt sich 2015 einen großen Traum und eröffnet zusammen
mit ihrer Geschäftspartnerin Isi eine Restaurationswerkstatt. Die Verbindung
zwischen den Beiden bilden Fannys Tagebücher, welche Katharina von dem
Engländer Alexander Bluebird bekommt, denn Fanny war ihre Urgroßmutter. Wie
Alex an die Tagebücher gekommen ist verrate ich hier natürlich nicht, denn das
ist ein weiterer wichtiger Teil der Geschichte. Kurz darauf taucht auch noch
eine Ladeneinrichtung aus den 20er Jahren auf, die wohl Fritzi gehört hat ...
Katharina wird von Fannys Tagebüchern fast magisch
angezogen, versinkt immer tiefer in ihnen. Sie beschreiben die schwierige Zeit
zwischen 1918 und 1936: das Ende des 1. WK, die Weltwirtschaftskrise und
die Machtergreifung der Nazis. Fannys
beste Freundin in dieser ganzen Zeit ist ausgerechnet die adelige Jüdin Alina.
Dies ist nicht nur Fritzi ein Dorn im Auge, aber Fanny steht zu ihr, auch als
es immer schwieriger wird. Dieser Teil der Geschichte hat besonders gut
gefallen hat - zeigt er doch sehr eindrucksvoll, was echte Freunde bereit sind,
füreinander zu tun.
Fanny lernt durch ihre Arbeit als Köchin bedeutende Künstler
und Politiker kennen. Sie ist immer am Puls der Zeit, ihre Kochkunst wird
geschätzt. Das ermöglicht ihr endlich ein eigenes, relativ freies Leben. Da
taucht ihre Zwillingsschwester Fritzi in München auf: die kann einfach nicht
loslassen und ist es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen, gönnt Fanny ihren
Erfolg nicht. Also drängt sie sich überall dazwischen und das Unheil nimmt seinen
Lauf.
Die Persönlichkeiten im Buch sind sehr facettenreich. Fritzi
ist nicht nur eifersüchtig, egozentrisch und flatterhaft, sondern in wichtigen
Momenten mutig und gewitzt; Fanny hingegen aufopfernd, pflichtbewusst und
rücksichtsvoll – die Schwestern sind als Zwillinge natürlich eng verbunden, aber
eher wie 2 Seiten einer Medaille. Es scheint gleichzeitig schön und kompliziert,
ein Zwilling zu sein.
Auch in Katharinas Leben bewegt sich durch die Tagebücher
und die Bekanntschaft mit Alex etwas. Die Beiden knüpfen zarte Bande, obwohl er
vergeben ist.
Und je weiter sie in die Tagebücher eindringt, desto mehr
erfährt sie über die Geheimnisse ihrer Familie und wird in einen regelrechten
Strudel aus Verrat und Schuld gezogen. Noch immer wird ein Teil der
Familiengeschichte totgeschwiegen, obwohl ihre Eltern und ihre Tante zumindest
Fragmente davon wissen.
Und über all das wacht der Holunderstrauch, dem die Frauen
der Familie eine große Bedeutung zumessen ...
Leider war die Geschichte trotz über 500 Seiten dann viel zu
schnell erzählt und ich habe das Buch nur ungern aus der Hand gelegt. Es hat
mich sehr beeindruckt.
„Die Holunderschwestern“ ist schon das zweite Buch von
Teresa Simon (hinter dem Pseudonym versteckt sich eine für ihre historischen
Romane und Krimis berühmte und von mir sehr verehrte deutsche Autorin). Ich
fand es toll, dass sie hier immer wieder Hinweise auf den ersten Band „Die Töchter der Rosenvilla“ versteckt hat – es war meine persönliche Schnitzeljagd,
sie möglichst alle zu entlarven. Die Bücher sind aber völlig autark, man muss
sie nicht nacheinander lesen – aber glaubt mir, dann entgeht Euch was! Ich muss
ehrlich sagen, die Bücher haben Suchtpotential und Teresa hat verraten, dass es
nächstes Jahr einen weiteren Band geben wird – also ich bin schon angefixt!
Volle Punktzahl
und eine unbedingte Leseempfehlung!
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