Freitag, 22. Juli 2016

Unter dem Banner des Kreuzes






  • Erscheinungsdatum Erstausgabe : 22.07.2016
  • Verlag : ROWOHLT Wunderlich
  • ISBN: 9783805251006
  • Fester Einband 448 Seiten
  • Genre: Historischer Roman

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Freiburg 1212: Anna ist 17 und leidet unter ihrem jähzornigen Vater. Eines Tages wirbt ein ausnehmend hübscher junger Mann (Gottschalk von Ortenberg) für die Wallfahrt nach Jerusalem. Anna ist fasziniert von ihm und der Idee, dass ausgerechnet die unschuldigen Kinder und Jugendlichen dieses Ziel erreichen könnten, zudem kann sie so auch ihrem Vater entkommen.
Insgesamt ein gutes Dutzend Kinder und Jugendliche schließen sich Gottschalk in Freiburg an, darunter neben Anna auch der kleine Christian. Dazu kommen noch Christians Mutter Luitgard, die ihn zurückholen will und der Wanderprediger Bruder Konrad. Im Laufe der Reise wachsen sie zu einer Art Familie zusammen und Konrad scheint ihr Schutzengel zu sein.
Nikolaus, der Anführer des Kreuzzuges, ist ein 10jähriger Hirtenknabe aus Köln, dem nachts ein Engel erschienen ist. Ihm wird allerlei Wundertätiges nachgesagt. Angeblich isst und trinkt er nicht, heilt Kranke. Zu Beginn glauben die bis zu 20.000 Pilger ihm das auch noch. Aber bald wird er hofiert wie ein König, reist als einziger in einem Wagen und bekommt immer ausreichend zu Essen und zu Trinken, während die normalen Pilger ringsum verhungern, verdursten, erfrieren, verunglücken oder an Erschöpfung sterben. Die Zweifel an seiner Person werden immer lauter, nie aber an ihrem gemeinsamen Ziel. Doch als in Genua nur noch 1000 Pilger ankommen und sich das Meer nicht wie erwartet teilt, eskaliert die Situation.

Astrid Fritz beweist mit diesem Roman wieder einmal, dass man historische Fakten auch spannend und unterhaltsam vermitteln kann. Die Geschichte ist sehr bildhaft und mitreißend geschrieben. Man fiebert von Anfang bis Ende mit Anna und ihren Freunden mit und ich war mehr als einmal froh, dass ich es nur lese und nicht live erleben muss. Ich hatte die ganze Zeit dieses „mittendrinn statt nur dabei“-Gefühl, man hungert und leidet mit ihnen, fühlt die Füße brennen und hofft, dass sie ihr Ziel doch erreichen – dafür laufen und beten sie bis zur totalen Erschöpfung, auch wenn es zwischenzeitlich oft nur noch ums nackte Überleben geht. Dieser unbändige Glaube hat mich tief beeindruckt. So verrückt es aus heutiger Sicht auch klingen mag, sie haben diese Strapazen für ein hehres Ziel auf sich genommen. Natürlich war auch viel Aberglaube im Spiel und so wird jedes positive Zeichen sofort als Wunder oder Fingerzeig Gottes gesehen, alles Schlechte als „seine“ Strafe.
Gut gefallen hat mir, wie die verschiedenen Beweggründe und Charaktere der Protagonisten herausgearbeitet wurden und wie sie sich im Laufe der Handlung entwickeln. Sie passen sich den Gegebenheiten an und verharren nicht starr in ihrer Position, alles ist nachvollziehbar. Es gibt keine Schwarz-Weiß-Malerei, niemand ist nur gut oder schlecht und auch Nikolaus als geistiger Führer glaubt an das, was er predigt.
Konrad ist praktisch veranlagt, ein Organisationstalent, darauf bedacht, „seine“ Freiburger Truppe zusammen- und am Leben zu halten. Aber er ist auch sehr mitfühlend und sein Beschützerinstinkt gegenüber seinen Schäfchen wird immer ausgeprägter.
Anna lernt im Laufe der Reise eine Art der Freiheit kennen, die ihr zu Hause nie möglich gewesen wäre, da ihr Vater sie jede Minute überwacht hat. Diese will sie natürlich nicht mehr missen und so gerät sie in einen echten Gewissenskonflikt, ob sie überhaupt je wieder heimkehren möchte.
Christians Mutter Luitgard will ihren Sohn eigentlich nur zurückholen, findet auf der Wallfahrt aber zu Gott zurück, ihr Glaube an Wunder wird immer tiefer und hilft ihr über alle Strapazen hinweg.

Einzig das Ende des Buches hat mich grübeln lassen. Ich habe lange überlegt, ob ich es mir weniger rund gewünscht hätte – aber ich kann auch Astrid Fritz verstehen, schließlich handelt es sich um einen Roman und so vergebe ich hier sehr gern 4,5 von 5 Punkten.

Erwähnen möchte ich auch noch die Karte mit der Reiseroute der Kinder innen im Bucheinband und das Glossar am Buchende. Auch das Nachwort der Autorin, in dem sie etwas zu den historische Hintergründen, ihren Quellen und deren Wahrheitsgehalt schreibt, ist sehr interessant.

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