Gelungene Anthologie zu einem heiklen Thema
von Hrsg. Thorsten Exter & Alfons Th. Seeboth
Broschiert: 350 Seiten
Verlag: Wölfchen Verlag
ISBN-13: 978-3943406610
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 12 Jahren
Genre: High-Fantasy
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In dieser Anthologie sind 22 ganz unterschiedliche
Kurzgeschichten zum Thema Flucht zusammengetragen. Doch so real und
erschreckend auch der Hintergrund ist, es handelt sich bei diesen Geschichten
durchweg um Werke aus dem Bereich der High-Fantasy. Auch wenn die Parallelen
zur aktuellen Zeitgeschichte gewollt und teils schwer zu übersehen sind, so
bleibt es doch jedem Leser selbst überlassen, ob er einen Bezug zur Realität
herstellen will oder einfach nur die Vielfalt dieser Anthologie genießen mag.
Die Geschichten sind eindringlich und berührend, machen
nachdenklich und erschüttern, doch es gibt auch immer wieder Lichtblicke und
Hoffnungsschimmer, so dass nicht nur die Protagonisten, sondern auch der Leser
immer wieder aufatmen kann. Mal steht die Flucht im Vordergrund, mal die Ängste,
das Leid und die Not der Flüchtenden. Doch auch diejenigen, die um Hilfe
ersucht werden, bekommen eine Stimme und ihre Gedanken, Hoffnungen und Sorgen
werden geschildert.
In den meisten Geschichten ist der Fantasyanteil sehr gut
eingewoben. Es besteht kein Zweifel, dass wir uns in phantastischen Welten
bewegen, aber dennoch wirken die Geschichten authentisch, ganz unabhängig
davon, dass wir Elfen und Orks, Menschen, Drachen und weiteren Märchen- und
Sagengestalten begegnen.
In vielen Geschichten gibt es Überraschungen und nicht alle
Wesen handeln so, wie es meist in der Fantasywelt üblich ist. So kommt die
Hilfe - ebenso wie bei uns - manchmal von einer Seite, von der aus man sie am
wenigsten erwarten hätte. Vorurteile werden aufgebrochen und hinterfragt und
der Leser wird indirekt immer wieder aufgefordert, sich selbst eine Meinung zu
bilden, zu handeln und nicht wegzusehen.
Bei so unterschiedlichen Geschichten, die mal düster, mal
dramatisch, dann wieder voller Hoffnung oder auch einfach nur aufrüttelnd sind,
haben mir nicht alle gleich gut gefallen, doch das ist für eine Sammlung von
Geschichten ja normal. Auf einige Geschichten möchte ich gerne genauer
eingehen, da ich sie entweder sehr gelungen und/oder einfach sehr besonders
fand.
In „Raols Reise“ von Lila Lestrange war es für mich sehr
eindringlich beschrieben, wie ganz normale Menschen plötzlich aus ihrem Leben
gerissen werden und völlig vom Krieg überrascht werden. Von jetzt auf gleich
ist alles anders und die eigenen Möglichkeiten etwas zu tun sind sehr
beschränkt.
In Tamara Schadts „Elfenmohn“ hat es mir sehr gefallen, dass
über niemanden ein Urteil gefällt wird - weder über die hilfesuchenden Elfen,
noch über die Menschen, die helfen oder auch die Hilfe ablehnen.
Besonders gelungen war für mich die Geschichte „Nebelsee“
von Stefan Schweikert. Ich hatte beinahe das Gefühl, selbst mit auf dem Schiff
zu sein und die Unruhe unter den Matrosen und Söldnern hautnah mitzuerleben. Vor
allem das Ende hat mich überzeugt. Nur zu gerne hätte ich hier weitergelesen.
Der Verlauf der Geschichte „Das Ende der Unschuld“ von
Bianca Peiler ist beklemmend und macht nochmals deutlich, dass die Schrecken
des Krieges nicht vor dem einfachen Volk, vor den Alten und Schwachen Halt machen
und dass jeder betroffen sein kann.
Eher spannend als berührend war Nikolaj Kohlers Werk „Der
letzte der Sieben“, doch es zeigt sehr anschaulich, dass Vorurteile nie gut
sind, egal ob man jemanden oder etwas in den Himmel lobt oder verflucht. Die
Wahrheit kann stets anders sein.
Ähnlich ist es bei Ulf Fildebrand. Sein Protagonist muss in „Von
Orks und Menschen“ lernen, dass Orks nicht gleich Orks sind und sie sich ändern
können. Niemand in dieser Geschichte ist eindeutig schwarz oder weiß und lässt
sich so einfach in eine Schublade stecken.
Fabian Dombrowskis Beitrag „Zeit sich zu erheben“ hebt sich
allein durch seinen Stil von den restlichen Geschichten ab. Der Leser wird
direkt angesprochen und es wird an ihn appelliert etwas zu tun. In dieser Geschichte
stellt sich mir die Frage, wie weit man gehen darf, um die Leute aufzurütteln.
Der Sprecher will, dass die Leute sich erheben. Ein hehres Ziel - doch kann und
will er das friedlich erreichen?
Zuletzt möchte ich noch Anna Eichenbach erwähnen. Ihre
Geschichte, „Der Garten der tanzenden Sterne“, ist trotz aller Schrecken vor
allem zum Ende hin Märchenhaft und ich mochte die Geschichte sehr.
Mein Fazit: Ich denke, dass jeder Leser in dieser Anthologie
eine Geschichte finden wird, die ihn persönlich berührt, unabhängig davon, ob
er regelmäßig Fantasy liest ist oder nicht. Das heikle Thema Flüchtlinge wird
meines Erachtens nach gut aufgegriffen und gerade die vielfältigen Blickwinkel
und Sichtweisen machen nachdenklich und zeigen, wie wichtig es ist, sich erst
einmal ein genaues Bild zu machen, bevor man vorschnell urteilt.
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