Mittwoch, 9. November 2016

Anatomie eines Soldaten

Ungewöhnlich, fesselnd, berührend


von Harry Parker


Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
Verlag: Benevento
ISBN-13: 9783710900020
Genre: Roman

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 Als Captain Tom Barnes – Dienstnummer BA5799 – im Auslandseinsatz auf eine Landmine tritt verändert sich sein Leben auf drastische Weise. Schwerverletzt wird er zurück nach Großbritannien geflogen. Der Kampf, den er nun im Krankenhaus bestreiten muss ist anders, doch ebenso schwer wie die Einsätze im Dienst der britischen Armee.

Der Autor Harry Parker erzählt seine Geschichte auf eine sehr ungewöhnliche Art. In jedem der 45 Kapitel kommt ein anderer Gegenstand zu Wort und gibt die Geschehnisse aus seiner Perspektive wieder. Neben diversem medizinischen Gerät, sind das zum Beispiel ein Nachtsichtgerät, ein Wüstenkampfstiefel oder ein Orden. Doch es sind nicht nur Tom Barnes Besitztümer, auch andere Gegenstände tragen ihren Teil zur Geschichte bei, so dass ein vielschichtiges und rundes Gesamtbild entsteht, in dem Barnes zwar meist im Mittelpunkt steht, jedoch nicht ausschließlich. So erleben wir einen Teil auch aus Sicht der Handtasche seiner Mutter, als diese erfährt, dass ihr Sohn lebensgefährlich verletzt wurde, aus Sicht einer Schneeflocke oder einem Fahrrad, das einem Jungen im Krisengebiet gehört, der ebenso wie sein Freund in den Konflikt hineingezogen wird.

In jedem der vielen Kapitel wird dem Leser der Krieg und seine Folgen nahegebracht. Der Stil, in dem Harry Parker die unterschiedlichen Gegenstände erzählen lässt, ist im wahrsten Sinne des Wortes sachlich, beinahe nüchtern. Trotzdem erzählt der Autor eine bewegende und emotionale Geschichte, die ganz unterschiedliche Aspekte beleuchtet, nachdenklich macht und berührt, es aber dennoch vermeiden kann zu bedrücken und den Leser zu belasten.

Die Erzählweise ist ungewöhnlich und ich habe mich gefragt, was da wohl auf mich zukommen würde. Ich war ein wenig skeptisch, ob es gelingen kann ein so ernstes Thema auf diese Art aufzugreifen. Doch es gelingt nicht nur gut, sondern hervorragend. So wie sich für den Leser das Puzzle mit jedem Kapitel immer mehr vervollständigt, so muss auch Captain Tom Barnes sein Leben Stück für Stück neu zusammensetzen. Dabei wechselt der Autor immer wieder zwischen Szenen aus dem nicht näher spezifizierten Krisengebiet, Tom Barnes Soldatenleben und seiner aktuellen Situation hin und her. Auch wenn der Ton vielfach objektiv ist, einige Gedanken der handelnden Personen werden dennoch wiedergegeben und so geschickt eingebunden, dass ich beim Lesen nicht einmal in Frage gestellt habe, ob der erzählende Gegenstand, dieses Wissen überhaupt haben konnte oder nicht. Nur das Kapitel aus Sicht der Landmine wirkte etwas befremdlich auf mich; bei den übrigen kam ein solches Gefühl nicht auf.

Die Schilderungen aus dem Krisengebiet und auch Tom Barnes Krankengeschichte sind sehr realistisch. Man merkt jeder Zeile an, dass der Autor genau weiß, worüber er schreibt. Auch er diente in der britischen Armee, war in Einsätzen im Irak und in Afghanistan, und hat ebenso wie sein Protagonist durch eine Bombe beide Beine verloren. Er weiß genau, wie sich der Krieg und der persönliche Kampf ums Überleben anfühlen und lässt seine Leser daran teilhaben.

Mein Fazit: Ein außergewöhnlicher Roman, der mich gefesselt und berührt hat und der es in brillanter Art und Weise schafft, den emotionalen Balanceakt zu meistern, von den Schrecken des Krieges und dem Schicksal eines einzelnen Soldaten zu erzählen, ohne dass es dem Leser Albträume beschert. Eine klare Leseempfehlung.

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