Donnerstag, 21. September 2017

Hessen zuerst!






  • Erscheinungsdatum Erstausgabe : 22.09.2017
  • Verlag : ROWOHLT Taschenbuch
  • ISBN: 9783499291210
  • Flexibler Einband 272 Seiten
  • Genre: Krimi
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Das Buch zur Wahl

Ich bin ehrlich, ich hatte etwas anderes erwartet. Dietrich Fabers Krimireihe um den desillusionierten und unmotivierten Ex-Kriminalhauptkommissar Henning Bröhmann glänzte bisher vor allem durch seinen Alltagshumor, Situationskomik und die skurrilen Protagonisten – die Kriminalfälle waren meist eher „Beiwerk“, aber trotzdem spannend.

Inzwischen lebt Henning, der mit Anfang 40 nochmal Zwillingsvater geworden ist, mit Frau und Kindern im beschaulichen Vogelsberg zur Miete bei Franziskas alter Freundin Gisa und deren Mann Rüdi. Henning ist Vollzeitpapa, seit er den Job bei der Polizei geschmissen hat und befindet sich immer noch in der „Findungsphase“. Seit neuestem ist auch Rüdi zu Hause – „Homeoffice“ – und drängt sich immer mehr in Hennigs Leben, immer ein bisschen drüber und nie persönliche Grenzen wahrend. Für den Leser ist das echt lustig, für Henning nicht. Auf einer gemeinsamen Wanderung kommt heraus, dass Rüdi sich sehr in der neuen Protestpartei „Hessen zuerst“ engagiert. Er will in den Landtag, um fast jeden Preis und vor allem auf dem Rücken der nichtgewollten Flüchtlinge im Ort. Die Stimmung kippt endgültig, als kurz darauf Blut fließt und die Flüchtlinge Schuld sein sollen. Rüdi gründet eine Bürgerwehr und Henning lernt diese leider auf sehr nachhaltig Weise kennen ...

Nach dem Lesen bleibt ein fader Beigeschmack. Die Geschichte ist verdammt nah am wirklichen Leben und politischen Geschehen unserer Zeit.
Auch Henning schaut zu Beginn eher weg, wie so viele von uns, regt sich nur über Rüdi und seine neuen Umtriebe bzw. Freunde auf. Als er endlich begreift, dass man auch was tun muss, wenn man eine Situation ändern will, ist es schon fast zu spät. Er verdächtigt Rüdi, es mit seinem Engagement für „Hessen zuerst“ zu übertreiben und gerät bei den Nachforschungen in echte Gefahr.

Obwohl bei „Hessen zuerst“ eigentlich die ernsten Themen überwiegen, streut Dietrich Faber natürlich auch hier zwischendurch immer wieder kleine Schenkelklopfer ein, die mich schmunzeln ließen: Hennings Freunde (und Feinde) möchte ich in vielen Situationen nicht geschenkt habe; seine Mama ist frisch verliebt und er muss ihr und ihrem neuen Geliebten nachts zwangsweise beim Liebesspiel zuhören; er überrascht seine Freunde bei der Aussöhnung in seiner Dusche (Was macht er bitte jetzt schon zu Hause?) und und und ... Dabei will er doch einfach nur seine Ruhe!

Die Frage, ob es jetzt ein politisches Statement oder ein amüsanter Krimi ist, lässt sich nur schwer beantworten – es ist beides. Aber man muss sich als Leser darauf einlassen (wollen).

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