- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 22.09.2017
- Verlag : ROWOHLT Taschenbuch
- ISBN: 9783499291210
- Flexibler Einband 272 Seiten
- Genre: Krimi
Das Buch zur Wahl
Ich bin ehrlich, ich hatte
etwas anderes erwartet. Dietrich Fabers Krimireihe um den desillusionierten und
unmotivierten Ex-Kriminalhauptkommissar Henning Bröhmann glänzte bisher vor
allem durch seinen Alltagshumor, Situationskomik und die skurrilen
Protagonisten – die Kriminalfälle waren meist eher „Beiwerk“, aber trotzdem
spannend.
Inzwischen lebt Henning, der
mit Anfang 40 nochmal Zwillingsvater geworden ist, mit Frau und Kindern im
beschaulichen Vogelsberg zur Miete bei Franziskas alter Freundin Gisa und deren
Mann Rüdi. Henning ist Vollzeitpapa, seit er den Job bei der Polizei
geschmissen hat und befindet sich immer noch in der „Findungsphase“. Seit
neuestem ist auch Rüdi zu Hause – „Homeoffice“ – und drängt sich immer mehr in
Hennigs Leben, immer ein bisschen drüber und nie persönliche Grenzen wahrend.
Für den Leser ist das echt lustig, für Henning nicht. Auf einer gemeinsamen
Wanderung kommt heraus, dass Rüdi sich sehr in der neuen Protestpartei „Hessen
zuerst“ engagiert. Er will in den Landtag, um fast jeden Preis und vor allem
auf dem Rücken der nichtgewollten Flüchtlinge im Ort. Die Stimmung kippt
endgültig, als kurz darauf Blut fließt und die Flüchtlinge Schuld sein sollen. Rüdi
gründet eine Bürgerwehr und Henning lernt diese leider auf sehr nachhaltig
Weise kennen ...
Nach dem Lesen bleibt ein
fader Beigeschmack. Die Geschichte ist verdammt nah am wirklichen Leben und
politischen Geschehen unserer Zeit.
Auch Henning schaut zu
Beginn eher weg, wie so viele von uns, regt sich nur über Rüdi und seine neuen
Umtriebe bzw. Freunde auf. Als er endlich begreift, dass man auch was tun muss,
wenn man eine Situation ändern will, ist es schon fast zu spät. Er verdächtigt
Rüdi, es mit seinem Engagement für „Hessen zuerst“ zu übertreiben und gerät bei
den Nachforschungen in echte Gefahr.
Obwohl bei „Hessen zuerst“
eigentlich die ernsten Themen überwiegen, streut Dietrich Faber natürlich auch
hier zwischendurch immer wieder kleine Schenkelklopfer ein, die mich schmunzeln
ließen: Hennings Freunde (und Feinde) möchte ich in vielen Situationen nicht
geschenkt habe; seine Mama ist frisch verliebt und er muss ihr und ihrem neuen
Geliebten nachts zwangsweise beim Liebesspiel zuhören; er überrascht seine
Freunde bei der Aussöhnung in seiner Dusche (Was macht er bitte jetzt schon zu
Hause?) und und und ... Dabei will er doch einfach nur seine Ruhe!
Die Frage, ob es jetzt ein
politisches Statement oder ein amüsanter Krimi ist, lässt sich nur schwer
beantworten – es ist beides. Aber man muss sich als Leser darauf einlassen
(wollen).
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