- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 06.10.2017
- Verlag : Aufbau TB
- ISBN: 9783746633510
- Flexibler Einband 544 Seiten
- Genre: Historischer Roman
Zwischen
Pflicht und Liebe
„Ich bin krank Freddy. Was interessiert mich da das Gut?“ (S. 177)
Freddy ist erst 20, als sie ihre Jugendliebe Ax zu Stieglitz
heiratet. Leider haben er und ihre Mutter (die diese Ehe unbedingt wollte) ihr
verschwiegen, dass Ax als Jugendlicher TBC hatte und diese nun wieder
ausgebrochen ist. Jetzt steht sie allein mit dem großen Gut da. Das Personal
nimmt sie kaum ernst, denn Ax kurt seit Jahren in Davos und am Toten Meer. Was
zu Hause passiert, interessiert ihn nicht – dafür hat er ja Freddy geheiratet! Trotzdem
hält sie lange zu ihm. Erst als sie Rudolph von Hauptberge nach Jahren
wiedertrifft, wird ihr klar, was ihr durch diese Josephs-Ehe alles entgeht –
ein normales Eheleben, körperliche Nähe, Kinder. Aber sie hält zu ihrem Mann,
bis er sie wissentlich ansteckt und stirbt. Da Freddy das Gut verlieren würde,
wenn sie wieder heiratet und auch Rudolph inzwischen gebunden ist, bleibt sie
die nächsten Jahre allein. Mit Gebhard zu Mansfeld kommt die Liebe dann doch
wieder in ihr Leben. Alles könnte gut werden, aber da kommt Hitler an die
Macht.
„Die Jahre der Schwalben“ ist die Fortsetzung von „Das Lied
der Störche“ und der zweite Teil der Trilogie von Ulrike Renk. Er umfasst die
Jahre 1930 bis 1944. Obwohl ein dreiviertel Jahr zwischen den Bänden liegt, ist
man sofort in der Geschichte drin – so als hätte man Freddy und die anderen nie
im Buch zurückgelassen.
Freddy ist eine junge Frau, zerrissen zwischen Pflicht und
Liebe. Aber sie wächst an ihren Aufgaben und mit dem Gut zusammen. Aus dem
unbekümmerten jungen Mädchen wird sehr schnell eine feinfühlige und strenge,
aber gerechte Gutsherrin. Sie geht mit dem Fortschritt und findet es eigentlich
ganz gut, dass Ax nicht da ist, um ihr reinzureden. „Dennoch war dies nicht ihr Zuhause,
irgendwie war sie immer noch Gast eines unsichtbaren Gastgebers. Ax war wie ein
Geist – nicht da, aber ständig präsent.“ (S. 136). Auch ihr Traum von
einer großen Familie lässt sich mit nicht verwirklichen.
Zu Beginn hat man noch Mitleid mit Ax, aber das schlägt
schnell um. Er wird immer unleidlicher und uninteressierter an ihr und dem Gut.
Sie soll hübsch aussehen und repräsentieren. Und ihm natürlich irgendwann Erben
schenken.
Eine große Stütze in dieser Zeit ist Freddy ihr Stiefvater
Erik, der ihr immer wieder unter die Arme greift. Auch ihre Jugendfreundin Thea
steht ihr bei und redet ihr immer wieder gut zu, ein eigenes Leben zu leben: Es
ist nichts dabei, sich mit anderen Menschen zu treffen .. Mit dem Ehering hast
Du nicht automatisch auch Handschellen angelegt bekommen.“ (S. 68).
Leider wurde sie mir (und Freddy) im Laufe der Handlung immer unsympathischer,
da sie immer mehr auf Großgrundbesitzerin machte und mit Hitler sympathisierte.
Auch Freddys Mutter Stefanie ist eine Protagonistin gibt,
die man aus vollstem Herzen hassen kann – sowas finde ich ja immer toll. Sie
steht so gut wie nie hinter ihrer Tochter, wettert gegen Gebhard zu Mansfeld
und ist von Hitler und dessen Ideologie total verblendet. Die Beziehung
zwischen Mutter und Tochter erkaltet zusehend.
Sehr lebendig, anschaulich und extrem fesselnd schildert die
Autorin das Leben auf den verschiedenen Gütern und das Erstarken des
Nationalsozialismus und seine Auswirkungen. Obwohl man als Leser natürlich
weiß, dass Hitler an die macht und der 2. WK kommt, fiebert man trotzdem mit
Freddy und den anderen mit und hofft bis zuletzt, dass alles anders wird. Vor
allem die letzten 100 Seiten sind mir ganz schön an die Nieren gegangen.
Mein heimlicher Held ist übrigens Caspar zu Mansfeld – ich
verrate allerdings nicht warum, das müsst ihr schon selber nachlesen! Und auch
dieser Band endet wieder mit einem ganz fiesen Cliffhanger ...
Mein Fazit: Das Buch ist ein echter Pageturner - ich bin hin
und weg! Ganz großes Kino! Hoffentlich wird die Zeit bis zur Fortsetzung nicht
so lang.
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