- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 13.11.2017
- Verlag : Heyne
- ISBN: 9783453422124
- Flexibler Einband 416 Seiten
- Genre: Roman
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
Die stolzen Altmann-Frauen
„Die Frau im hellblauen Kleid“ erzählt abwechselnd die Geschichte der 4 Altmann-Frauen,
beginnend 1927 bei Käthe, über deren Tochter Marianne, Enkelin Vera bis zu
Urenkelin Sophie.
1927 bewirbt sich Käthe – in einem blauen Kleid, das ihre Freundin für
sie geschneidert hat – heimlich am Wiener Schauspielhaus und bekommt tatsächlich
eine Rolle. Ihre Eltern, Inhaber eines Gemüseladens, sind nicht begeistert. „Menschen
wie wir sind nicht für den Ruhm geboren.“ (S. 32) Aber Käthe steigt bis
zum Beginn des 2. WK unaufhörlich auf, bekommt Hauptrollen in Prag und Berlin. Dabei
macht sie die Bekanntschaft von Hans Bleck, der ihr Leben verändern wird ...
2015 rechtfertigt sich Marianne Altmann vor ihrer Tochter Vera: „Ich
habe gelogen, um dich und mich zu retten.“ (S. 205), als Vera hinter
das bisher streng gehütete Geheimnis von Marianne (und Käthe) kommt. Denn damit
zerschlägt sich fast das Filmprojekt, an dem Vera schon so lange arbeitet. Als
Schauspielerin war sie nie erfolgreich und die Dokumentation, welche sie über
die Karriere ihrer Eltern drehen will (die beiden waren DAS It-Paar zu ihrer
Zeit), soll ihr Durchbruch als Drehbuchautorin und Regisseurin werden. „Es
ist mein Film, Mama.“ Doch
Marianne mischt sich auch hier ein, der Film soll bereits mit deren Mutter
Käthe beginnen: „Und es ist mein Leben.“ (S. 52) Marianne macht ihr ein
Angebot: Sie wird ihr die ganze Wahrheit erzählen und danach kann Vera
entscheiden, was davon sie für den Film verwenden will.
Am eindrucksvollsten und bewegendsten fand ich die Geschehnisse während
der Nazizeit, um die sich Mariannes (und Käthes) Geheimnis letztendlich dreht. Käthe
hoffte wie so viele bis zuletzt, dass Österreich verschont bleibt. Es war erschreckend,
wie rasend schnell sich ihre Situation dann änderte. Ihr blieb nichts anderes
übrig, als sich den Nazis unterzuordnen bzw. anzupassen – denn sie war
erpressbar!
Die Geschichte ist von beginn an sehr spannend und voller heimlicher
Liebespärchen, sowohl zu Käthes als auch Veras Zeiten.
Käthes Lebensweise war für ihre Zeit sehr modern. Sie macht Karriere und
lebt mit ihrem Freund zusammen ohne verheiratet zu sein. Zu Beginn ist sie zwar
noch sehr schüchtern, aber mit der Zeit wird sie immer willensstarker und
durchsetzungsfähiger.
Die drei Altmann-Frauen der Jetztzeit sind sehr verschieden, da gibt es
natürlich viel Potential für Auseinandersetzungen – zumal, wenn man auch noch
zusammen in einem Haus lebt.
Marianne ist eine Kämpfernatur. Ihrer Karriere hatte sich alles andere
unterzuordnen – auch ihre Tochter Vera.
Vera, die bisher erfolglos um die Anerkennung ihrer Mutter kämpfte,
blüht durch das Drehbuchschreiben und den Filmdreh richtig auf – ihre
Bestimmung war eben doch nicht die Schauspielerei, sondern die Arbeit im
Hintergrund.
Sophie (die jüngste der Altmann-Frauen) war mir zu unsicher, zickig und kopflastig.
Sie denkt zu viel nach und will es allen recht machen. Im letzten Drittel des
Buches rückt ausgerechnet sie und ihre Liebesgeschichte in den Vordergrund und
es wurde mir zum Teil zu banal. Kennt ihr „Witwe für ein Jahr“ von John Irving?
Da gibt es die Beschreibung „Bei ihm hört
man buchstäblich die Höschen der Frauen zu Boden gleiten“ –
genau so scheint es Sophie zu gehen, sobald ihr Angebeter auftaucht. Schade,
denn bis zu diesem Zeitpunkt war es ein echtes 5-Sterne-Buch.
Auch der Gegensatz zwischen Sophies heiler (Film-)Welt inkl. der
dazugehörigen seichten Skandale und dem Kriegsgeschehen waren mir zu krass, es passt
irgendwie nicht. Darum gibt es von mir leider nur 3 Sterne.
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