- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 04.12.2017
- Verlag : Aufbau TB
- ISBN: 9783746633381
- Flexibler Einband 448 Seiten
- Genre: Historischer Roman
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
Eine umstrittene Frau und
Künstlerin
Ella, Gabriele, wird schon als Kind immer als Sonderling angesehen, weil
sie lieber malt, als mit anderen zu reden oder gar zu spielen: „Mit Ella
stimmt was nicht.“ (S. 19) Sie war ein Nachzügler, ihre Geschwister
viel älter, der Vater verstarb früh. Niemand versteht, dass sie als Erwachsene
ihr Leben der Kunst und nicht einer eigenen Familie widmen will. Ich will
etwas anderes, nicht das Gewöhnliche – ich will eine Künstlerin sein.“
(S. 127)
1902 wird Wassily Kandinsky ihr Lehrer. Sie fühlt sich sofort zu ihm
hingezogen und er nutzt ihre Naivität aus – denn natürlich ist er verheiratet. Sie
wird seine „Gefährtin“ nicht nur Geliebte. Zusammen entwickeln sie sich und
ihre Kunst weiter, Kandinsky immer als Vorreiter. Obwohl sich ihre
künstlerischen Wege bald trennen (er malt abstrakter, fortschrittlicher),
bleiben sie ein Paar. Und immer hofft sie, dass er sich scheiden lässt um sie
zu heiraten ...
Ich habe „Die Malerin“ förmlich inhaliert. Es ist extrem fesselnd und
beschreibt Gabriele Münters Leben und Arbeiten sehr bildlich. Sie hatte es nicht
leicht, wurde hinter ihrem Rücken als Hure verschrien, weil sie unverheiratet
mit Kandinsky zusammen gelebt hat und war auch nie so erfolgreich – sie war
eben „nur“ eine Frau.
Ella war mir sehr sympathisch, ich habe sie um ihr Leben aber nicht beneidet.
Ihre Entwicklung von einer etwas weltfremden, schüchternen aber talentierten
jungen Frau zur selbstbewussten Künstlerin und Kandinskys „Mädchen für alles“ (sie
hat ihm immer den Rücken freigehalten und alles organisiert) war sehr
beschwerlich.
Kandinsky hingehen war mir von Beginn an unsympathisch. Er hält sie über
Jahre hin, nur sein Wille, seine Ideen und Werke zählten. Ab einem gewissen
Zeitpunkt macht er ihre Arbeiten vor seinen Freunden und Künstlerkollegen sogar
schlecht – dabei hatte er das doch gar
nicht nötig. Sie hat ihm seinen Erfolg nie streitig gemacht.
Aber Gabriellas große Stunde schlägt, als die Nazis an die Macht kommen. Ich
war verblüfft, wie unpolitisch sie lange Zeit war. Was deren Ideologie bedeutet
versteht sie erst, als sie 1937 die Ausstellung für „entartete Kunst“ besucht. Sie
begreift, dass sie die über Jahre gesammelten Bilder irgendwie retten muss: „Ich
bin kein aufopferungsvoller Held. Aber hier geht es um Kandinsky.“ (S.
346)
Bemerkenswert ist auch, wie die Autorin die über den Prozeß des Malens, die
Formen und Farben schreibt. Sie macht das sehr plastisch und ich hatte auch die
abstrakten Bilder dadurch immer vor Auge.
Mary Basson hat hier ein sehr berührendes Portrait einer bewundernswerten
Frau und Künstlerin geschaffen. Chapeau.
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