Samstag, 6. Januar 2018

Abschied in Prag





  • Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.12.2017
  • Verlag : Diana
  • ISBN: 9783453359598
  • Flexibler Einband 368 Seiten
  • Genre: Historischer Roman
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Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt,  dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!




Wiedersehen nach 60 Jahren

»„Ich kenne sie irgendwoher“, brachte er heraus ... „Sie müssen sich irren,“ erwiderte die Frau höflich. ... „Ich bin´s, Lenka,“ sagte er. „Josef. Dein Mann.“« (S. 11/12). Zu diesem Zeitpunkt sind beide über 80 und haben sich vor 60 Jahren das letzte Mal gesehen. 1939, direkt nach ihrer Hochzeit, emigrierte Josef wegen der Machtübernahme der Nazis in die USA. Lenka wollte ihn nicht ohne ihre Familie begleiten. Sie hoffte darauf, dass er für sie alle Visa beschaffen würde.

„Abschied in Prag“ ist das erschütterndste Buch über die Geschichte der tschechischen Juden während des 2. WK, dass ich in letzter Zeit gelesen habe. Es ist kein Buch, das man mal so nebenher liest, dazu geht es viel zu sehr an die Nieren und auch die dazu Besprechung fällt mir schwer.

Lenka wächst wohlbehütet als Tochter eines Glashändlers in Prag auf. Schon ihre Mutter hatte genau wie sie Malerei studiert. Josef ist der Bruder einer Kommilitonin und studiert Medizin. Sie verlieben sich und mit der Machtübernahme der Nazis heiraten sie – als seine Frau kann sie mit ihm in die USA emigrieren. Aber sie bleibt bei ihrer Familie. Als kurz darauf sein Schiff sinkt, wird er irrtümlich für tot erklärt. Lenka wird 1942 nach Theresienstadt deportiert, 1945 nach Auschwitz und Josef erhält irgendwann vom Roten Kreuz die Nachricht, dass sie dort gestorben ist. Doch dann treffen sie sich ausgerechnet bei der Hochzeit ihrer Enkel wieder.

Es gibt Bücher über dieses Thema, die unterhalten sollen, und solche die aufrütteln – dieses gehört zur letzteren Kategorie.
In extrem eindringlichen und erschreckenden Bildern erzählt Alyson Richman von Lenkas „Leben“ (so mag man es eigentlich gar nicht nennen) in den KZ´s. Dabei war Theresienstadt noch eines der besseren, die „Vorzeigevariante“, in der sich die Inhaftierten zum Teil selbst verwalteten. Die Häftlinge wurden hier nicht in Massen vernichtet – dazu gab es die Transporte in den Osten (nach Auschwitz). Da niemand wusste, was sie dort erwartet, meldeten sich Familienangehörige freiwillig, sobald einer von ihnen auf die Reise geschickt werden sollte.
Besonders nah ging mir die Geschichte der KZ-Kinder. Die Erwachsenen haben alles versucht, um ihnen das Leben irgendwie lebenswert erscheinen zu lassen. Sie schmuggelten Papierfetzen und Farben für sie, veranstalteten geheime Ausstellungen und führten mit ihnen eine Kinderoper auf.
Lenkas ist eine starke Frau und lässt sich  nicht brechen. Sie knüpft überall Freundschaften und versucht immer wieder ihrer Familie und Schwächeren zu helfen.

So kämpferisch Lenka ist, um so wehleidiger habe ich Josef empfunden.
Sein Leben in Amerika ist nicht leicht. Er hat als einziger seiner Familie das Unglück überlebt, muss die Sprache lernen, nochmal Medizin studieren und wird wie sein Vater Geburtshelfer – denn er will den Menschen ins Leben helfen, nicht beim Sterben. Er heiratet auch bald wieder und liebt seine Frau (irgendwie) – aber er vergleicht sie sein ganzes Leben mit Lenka und wird die Albträume nicht los. Mit seiner Figur bin ich nicht so richtig warm geworden. Er erschien mir zu widersprüchlich und deprimiert, war nie richtig zufrieden.

Trotzdem klingt „Abschied in Prag“ immer noch in mir nach und bekommt 4,5 von 5 Sternen.

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