- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.12.2017
- Verlag : Diana
- ISBN: 9783453359598
- Flexibler Einband 368 Seiten
- Genre: Historischer Roman
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
Wiedersehen nach 60 Jahren
»„Ich kenne sie irgendwoher“, brachte er
heraus ... „Sie müssen sich irren,“ erwiderte die Frau höflich. ... „Ich bin´s,
Lenka,“ sagte er. „Josef. Dein Mann.“« (S. 11/12). Zu diesem Zeitpunkt sind beide über 80 und haben sich vor
60 Jahren das letzte Mal gesehen. 1939, direkt nach ihrer Hochzeit, emigrierte
Josef wegen der Machtübernahme der Nazis in die USA. Lenka wollte ihn nicht
ohne ihre Familie begleiten. Sie hoffte darauf, dass er für sie alle Visa
beschaffen würde.
„Abschied in Prag“ ist das
erschütterndste Buch über die Geschichte der tschechischen Juden während des 2.
WK, dass ich in letzter Zeit gelesen habe. Es ist kein Buch, das man mal so
nebenher liest, dazu geht es viel zu sehr an die Nieren und auch die dazu Besprechung
fällt mir schwer.
Lenka wächst wohlbehütet als
Tochter eines Glashändlers in Prag auf. Schon ihre Mutter hatte genau wie sie Malerei
studiert. Josef ist der Bruder einer Kommilitonin und studiert Medizin. Sie verlieben
sich und mit der Machtübernahme der Nazis heiraten sie – als seine Frau kann
sie mit ihm in die USA emigrieren. Aber sie bleibt bei ihrer Familie. Als kurz
darauf sein Schiff sinkt, wird er irrtümlich für tot erklärt. Lenka wird 1942
nach Theresienstadt deportiert, 1945 nach Auschwitz und Josef erhält irgendwann
vom Roten Kreuz die Nachricht, dass sie dort gestorben ist. Doch dann treffen
sie sich ausgerechnet bei der Hochzeit ihrer Enkel wieder.
Es gibt Bücher über dieses
Thema, die unterhalten sollen, und solche die aufrütteln – dieses gehört zur
letzteren Kategorie.
In extrem eindringlichen
und erschreckenden Bildern erzählt Alyson Richman von Lenkas „Leben“ (so mag
man es eigentlich gar nicht nennen) in den KZ´s. Dabei war Theresienstadt noch
eines der besseren, die „Vorzeigevariante“, in der sich die Inhaftierten zum
Teil selbst verwalteten. Die Häftlinge wurden hier nicht in Massen vernichtet –
dazu gab es die Transporte in den Osten (nach Auschwitz). Da niemand wusste,
was sie dort erwartet, meldeten sich Familienangehörige freiwillig, sobald
einer von ihnen auf die Reise geschickt werden sollte.
Besonders nah ging mir die
Geschichte der KZ-Kinder. Die Erwachsenen haben alles versucht, um ihnen das
Leben irgendwie lebenswert erscheinen zu lassen. Sie schmuggelten Papierfetzen
und Farben für sie, veranstalteten geheime Ausstellungen und führten mit ihnen
eine Kinderoper auf.
Lenkas ist eine starke Frau
und lässt sich nicht brechen. Sie knüpft
überall Freundschaften und versucht immer wieder ihrer Familie und Schwächeren
zu helfen.
So kämpferisch Lenka ist,
um so wehleidiger habe ich Josef empfunden.
Sein Leben in Amerika ist
nicht leicht. Er hat als einziger seiner Familie das Unglück überlebt, muss die
Sprache lernen, nochmal Medizin studieren und wird wie sein Vater Geburtshelfer
– denn er will den Menschen ins Leben helfen, nicht beim Sterben. Er heiratet auch
bald wieder und liebt seine Frau (irgendwie) – aber er vergleicht sie sein
ganzes Leben mit Lenka und wird die Albträume nicht los. Mit seiner Figur bin
ich nicht so richtig warm geworden. Er erschien mir zu widersprüchlich und deprimiert,
war nie richtig zufrieden.
Trotzdem klingt „Abschied in
Prag“ immer noch in mir nach und bekommt 4,5 von 5 Sternen.
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