ISBN : 9783453421455
Flexibler Einband : 496 Seiten
Verlag : Heyne
Erscheinungsdatum : 11.02.2019
Genre : Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Zwei Leben – Zwei Welten
1936 geht die aufstrebende
Varieté-Sängerin Luzie von Berlin nach Wien. Eigentlich träumt sie von einer
Karriere beim Film, aber die Halbjüdin fühlt sich nach dem Erstarken des
Nationalsozialismus nicht mehr sicher. Ihr Großvater schenkt ihr zum Abschied
ein Tagebuch. Diesem vertraut sie ihre Sorgen und Ängste an, ihr Heimweh und
ihre Träume – und die Gefühle, die sie bald für die Freunde Bela und Richard
hegt.
Luzie hat Glück und bekommt
ein Engagement im „Theater an der Wien“. Dieses ist ein Sammelbecken für viele
Künstler, die wie sie Nazi-Deutschland verlassen mussten. Dass sie Halbjüdin
ist, hat bisher dank ihrer geschönten Biografie noch niemand herausbekommen –
aber wie lange geht das noch gut? Und bringt sie damit nicht auch die, die sie
decken in Gefahr?
Berlin 2018: Paulina wird von
ihrer „Ersatzoma“ Antonia (kurz Toni) gebeten, an ihrer statt nach Wien zu
fahren. Toni hat einen beunruhigenden Brief von einer Lena Brunner bekommen, deren
Vater Peter Matusek ausgerechnet ihr etwas hinterlassen hat. Toni ist
irritiert, weil sie noch nie von ihm gehört und auch sonst keine Verbindung
nach Wien hat. Aber Peter hat eine klare Anweisung hinterlassen: Lotte
Laurich, Berlin, Unbedingt suchen. Tochter Antonia Laurich, geboren 1943.“
(S. 41)
„Die Fliedertochter“ ist bereits
der vierte Roman von Teresa Simon und hat mich wieder von Beginn an in seinen
Bann gezogen.
Paulina ist eine interessante
Frau, eine Künstlerin, die nicht viel von sich preisgibt. „Auf der Suche. Kunst hilft mir
dabei, egal, in welcher Form. Sie zu erleben, ist für mich wie Atmen, ein
tiefes Inhalieren, so lange, bis ich satt bin.“ (S. 26) Ihre Reise nach
Wien ist eigentlich nur als kurze Auszeit gedacht, in der sie u.a. ihre
Beziehung zu ihrem On-/Off-Freund überdenken will. Aber als sie beginnt, Luzies
Tagebuch zu lesen, rücken die Rückreise, ihre eigenen Sorgen und Probleme bald
in den Hintergrund. Vor allem als sie feststellt, dass sie und Luzie eine
Gemeinsamkeit haben – eine Schneekugel vom Wiener Prater aus den Jahren 1936
bzw. 1938. „Geheimnisse haben ihren ganz eigenen Reiz, findest Du nicht?“
(S. 103)
Genau wie Paulina hat auch
mich Luzies Geschichte sofort gepackt. Ich habe mit ihr gelitten, mich um ihre
Großeltern gesorgt, die sie nur ungern zurückgelassen hat. Die Schuldgefühle
deswegen überrollen sie an manchen Tagen. Dann kommt der „Beitritt“ Österreichs
zu Deutschland – Luzies Angst um ihre gefälschte Identität flackert erneut auf,
sie zieht sich zurück. Aber sie beweist auch immer wieder Mut – zum Teil leider
ohne vorher richtig darüber nachzudenken, was ihr dann beinahe zum Verhängnis
wird.
Ich habe schon viele Bücher
über die Nazis und den 2. WK gelesen (auch Teresa Simon thematisiert diese Zeit
in allen ihren Büchern), trotzdem war ich wieder erschüttert, was die Juden und
anderen „Asozialen“ – Homosexuelle, Behinderte, Zigeuner etc. – erdulden
mussten. Die sogenannten „Herrenmenschen“ herrschen nicht nur durch brutale
Gewalt, Teresa Simon erzählt auch von Euthanasie und der Zwangssterilisation
einer jungen Frau – an dieser Stelle ist mir fast das Buch aus der Hand
gefallen und auch jetzt bekomme ich bei der Erinnerung daran sofort wieder eine
Gänsehaut.
Doch auch die Fans von
Liebesgeschichten kommen bei „Der Fliedertochter“ auf ihre Kosten. Neben der
Schneekugel gibt es nämlich noch eine weitere Parallele zwischen Luzie und
Paulina – beide fühlen sich zu je 2 Männern hingezogen und müssen sich
entscheiden.
Und nicht zuletzt versteht es
die Autorin, sehr viel Wiener Flair und Schmäh in beiden Strängen ihrer
Geschichte zu transportieren. Ich war vor 30 Jahren schon mal in Wien und
möchte nach dem Buch jetzt unbedingt mal wieder hin.
1 Kommentar:
Wie schön, dass dir das Buch so gefallen hat! Ich freue mich schon sehr darauf! Ich liebe die Bücher der Autorin sehr. "Die Fliedertochter" liegt zum Lesen bereit. Muss noch ganz kurz warten, dann ist es dran. Und ich freue mich auch sehr auf Wien. Die Stadt ist einfach wundervoll. Bin gespannt, wie der Flair im Buch rüberkommt. :-)
GlG, monerl
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