ISBN : 9783651025875
Flexibler Einband : 448 Seiten
Verlag : FISCHER Scherz
Genre : Historischer Kriminalroman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Schwarzmarkt und Raubkunst
Karl
Wieners war Schriftsteller und ist vor Jahren von München nach Berlin gegangen.
Jetzt, 5 Jahre nach Kriegsende, lockt ihn ein ehemaliger Freund zurück in die
Heimat. Georg Borgmann hat gerade eine neue Zeitschrift gegründet, das „Blitzlicht“,
und Karl soll als Reporter für ihn arbeiten. Eine Idee für den ersten Artikel
hat Georg auch schon: Raubkunst. Die Münchner haben nach Kriegsende den
Führerbunker geplündert, alles ist verschwunden, auch die unzähligen
Kunstwerke, die darin gelagert wurden. Jetzt ist bei einem Mord an einem
Geschäftsmann ein Bild verschwunden, das dazugehört haben könnte.
Doch Karl
ist nicht nur wegen der Zeitschrift zurückgekehrt. Er hat seine Frau und seine Töchter
im Krieg verloren. In München leben noch seine Mutter, sein jüngerer Bruder und
Magda – die Tochter seines älteren Bruders, die einzige Überlebende dieses
Familienzweiges. Magda vergöttert Karl, seit sie ihn als Kind kennengelernt
hat. Sie hofft, dass er ihre neue Familie wird, ihre Heimat, ihr Anker. Doch
Karl will sich nicht mehr an andere binden, hat Angst vor erneuten Verlusten. „Der
Karl passt nicht mehr zu uns. Alles, was er hatte und war, liegt unter den
Trümmern von Berlin begraben. Also lass ihn seinen Weg gehen und geh du deinen.“
(S. 151)
„Die im
Dunkeln sieht man nicht“ ist ein sehr spannender historischer Krimi, der sich
mit der Raubkunstszene im Westen Deutschlands zu Beginn der 50er Jahre
beschäftigt. Die Wirtschaft stagniert noch, doch erste Aufbruchsstimmung liegt
in der Luft. Der Krieg ist zwar seit einem halben Jahrzehnt vorbei, aber noch
immer in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert. Fast alle haben Verluste
erlitten, viele kämpfen täglich ums Überleben, Schwarzmarktgeschäfte sind an
der Tagesordnung. Die Lebensumstände der verschiedenen Gesellschaftsschichten
wurden sehr gut eingefangen.
Andreas
Götz hat seine Protagonisten lebensnah und glaubwürdig gestaltet.
Karl ist
von Selbstzweifeln geplagt, will mehrfach hinschmeißen, weil er nicht wirklich
vorankommt. Bei kaum einem seiner Verdächtigen oder Informanten ist klar, auf
welcher Seite er wirklich steht.
Magda ist
sehr selbstbewusst und will unbedingt mit Karl zusammenarbeiten, ihm helfen. Sie
kennt durch ihre Schwarzmarktgeschäfte die richtigen Leute und ihr Charme hilft
ihr in brenzligen Situationen oft. Allerdings muss auch sie sehen, wo sie
bleibt. Da macht ihr Schwarzmarktkönig Blohm ein unwiderstehliches Angebot: „Es
gibt Bedürfnisse ... von denen ahnen Sie nicht mal, dass Sie sie haben. Aber
sie sind da. Wie schlafende Hunde. Man muss sie nur wecken.“ (S. 226)
Die
Ermittlungen sind gefährlich, sie treten den falschen Leuten auf die Füße,
müssen sich u.a. mit Alt-Nazis auseinandersetzen und geraten dabei selbst in
(Lebens-)Gefahr. „Wir waren alle nur Figuren in einem Spiel ... man hat uns hierhin
geschoben oder dorthin, uns dies glauben lassen oder etwas anderes. Je nach
Bedarf.“ (S. 423)
Auch die Nebendarsteller
sind sehr interessante Charaktere. Da ist zum einen der amerikanische Jude Andrew
Aldrich, der am „Collection Point“ (der Sammelstelle für Raubkunst) gearbeitet
und angeblich einige Werke für sich selbst bzw. seine Chicagoer Auftraggeber
(die Mafia?!) beiseite geschafft hat. Oder der Galerist Bernhard Mohnhaupt und
dessen Tochter, die unter der Hand wohl auch mit Raubkunst handeln. Sehr
spannend fand ich auch dem König des Schwarzmarktes, Walter Blohm, der endlich
ein legaler Geschäftsmann werden möchte, aber seine Leute weiterhin mit
unlauteren Mitteln fest im Griff hat.
Besonders
schwer einzuschätzen ist der polizeiliche Sonderermittler Emil Brennicke. Er stellt
sich mit allen Seiten gut, hat Schlag bei den Frauen und scheint sein eigenes
Ding durchzuziehen, aber bisher gaben ihm die Ermittlungserfolge recht: „Bei
mir geht‘s nicht immer nach Vorschrift. Hauptsache das Ergebnis stimmt.“
(S. 75)
Das Ende
ist so gestaltet, dass Karl Wieners in Serie gehen könnte – ich würde gern
weitere Bücher mit ihm (und Magda?) lesen.
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