ISBN : 9783839224731
Fester Einband : 246 Seiten
Verlag : Gmeiner-Verlag
Erscheinungsdatum : 14.08.2019
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Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Genie oder Wahnsinn?
Elfriede
Wächtler hält die Gewalttätigkeit ihres Vaters und die Erwartungen ihrer Mutter
nicht mehr aus: „Ich bin 16 Jahre alt, das Leben liegt vor mir, ein Leben, wie ich es
mir erträume, und nicht, wie der Vater es von mir erwartet und in mich
hineinzuprügeln versucht.“ (S. 12) Sie will keine Kostümschneiderin
werden und ein bürgerliches Leben führen, sondern Künstlerin sein. Wenn sie
malt, kann sie sich ausdrücken, kann die Sorgen und Probleme vergessen, den
Hunger, den Krieg. „Ein Bild zu malen ist das größte Abenteuer. Wenn es zu leben beginnt
und sich in die Lüfte erhebt, wenn es sich von meiner Absicht löst und das zu
Tage fördert, was ich zuvor nicht geahnt habe, vergesse ich völlig, dass Krieg
herrscht und jeden Tag unzählige Menschen ihr Leben verlieren.“ (S.
16/17)
Sie
besucht die Kunstgewerbeschule, bis sie sich auch dort eingeschränkt und
unverstanden fühlt, ist u.a. mit Dix, Griebel und Felixmüller befreundet, lernt
über sie den Maler und Opernsänger Kurt Lohse kennen und verliebt sich in ihn.
Die Beziehung zu ihm ist nicht unproblematisch. Er nutzt sie aus, stiehlt ihr
Geld, verkauft ihre Sachen, schlägt sie, nimmt sie als Künstlerin nicht ernst –
trotzdem unterstützt und heiratet sie ihn.
Dagmar
Fohl schreibt auf 246 Seiten so einfühlsam und eindringlich über das
dramatische Schicksal der Dresdner Ausnahmekünstlerin Elfriede Lohse-Wächtler,
dass ich das Buch nicht einmal aus der Hand gelegt habe.
Frieda
hatte kein leichtes Los. Ich habe mich gefragt, warum sie sich nicht gegen
Lohse gewehrt hat, sich so an ihn klammerte, auch als er fremdging und mit einer
anderen Frau Kinder bekam. Vielleicht, weil sie die Gewalt von Kindheit an
kannte? Lieber lässt sie sich von ihm in den Wahnsinn treiben, Diagnose
Schizophrenie ... Doch auch in den verschiedenen Anstalten malt sie weiter, hat
ihre größten Schaffensphasen – endlich gelingt ihr der Durchbruch als
Künstlerin. Nur leben kann sie davon nicht, rutscht anscheinend sogar in die
Prostitution ab („Ich habe keine Bleibe mehr, lebe auf der Straße und in den Kneipen.
Meine Kleider, Wäsche, Schuhe werden löchrig. Auch von innen zerfalle ich mehr
und mehr.“ (S. 137)) und wird in Arnsdorf eingewiesen.
Als die
Nazis an die Macht kommen, lässt sich Lohse aufgrund des Erbgesundheitsgesetzes
scheiden. Frieda kommt nie wieder aus der Anstalt frei, obwohl sie zu dem
Zeitpunkt gesund ist. 1940 wird sie nach Pirna-Sonnenstein „verlegt“ - das hat
mich als Dresdnerin am meisten geschockt. Ich habe bis zu diesem Buch nicht gewusst,
dass die Nazis 1940/41 vor den Stadttoren Dresdens fast 14.000 geistig oder
körperlich behinderte Menschen vergast haben.
Friedas
Schicksal hat mich sehr berührt. Ich habe mit ihr gelitten und gehofft, meine
Heimatstadt Dresden und ihre Künstler neu kennengelernt. „Frieda“ ist ein
wichtiges Buch, ein Buch #gegendasvergessen.
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