Erscheinungsdatum: 13.07.2020
Herausgeber: Heyne Verlag
Taschenbuch: 272 Seiten
ISBN: 9783453424128
Genre: Roman
Stellt Euch vor, ihr radelt durch Köln und plötzlich steht ein fetter schwarzer hustender Mops vor Euch. Ihr schenkt ihm für einen kurzen Moment Eure volle Aufmerksamkeit und merkt zu spät, dass das Tier an einer Jojo-Leine hängt. Das Fahrrad ist nicht mehr zu halten und der Schotter bahnt sich den Weg in Euer Gesicht.
Mit einem solchen Szenario beginnt Carla Berlings Roman „Klammerblues um zwölf“, der im Juli 2020 beim Heyne Verlag erschienen ist.
Dieser Buchtitel wirft Fragen auf. Wer tanzt hier mit wem eng umschlungen und warum gerade um zwölf?
Ich finde es heraus.
Die Hauptheldin der Geschichte ist die 57 jährige Fee, die nach dem Tod ihres Mannes antriebslos in den Tag hineinlebt. Fee verbringt ihre Zeit Musik hörend oder Serien guckend auf dem Sofa und tröstet sich dabei mit Chips und Prosecco. Leider hatte sie ihren Job schon vor Teddys Tod aufgegeben. Die Kinder führen ihr eigenes Leben.
Nach einem einsamen Silvesterabend steht plötzlich Nachbarin Claudine vor der Tür und befreit Fee endlich aus ihrem Alltagstrott. Sie schlägt ihr vor, gemeinsam mit der 72 jährigen Mary eine WG zu gründen.
Eine illustre Damenrunde, die für einige Überraschungen sorgt.
Heiter beschwingt ist der Einstieg in die Geschichte, doch schnell wird klar, dass sich hinter dem Humor ernstere Töne verbergen.
Es geht ums Älterwerden, um Trauerbewältigung und Selbstmitleid, aber auch um Freundschaft, Vertrauen und die Liebe.
Carla Berling ist schreibtechnisch ein Vollprofi, sprach -und stilsicher. Sie schafft es, Alltägliches spannend, mit viel Gefühl und Emotionen in Szene zu setzen. Ihre Charaktere sind liebenswert schräg und dabei greifbar authentisch. Menschen wie Du und Ich mit all ihren Eigenheiten.
Sind wir doch mal ehrlich. Wir haben mehr oder weniger Angst vorm Älterwerden. Neben uns gibt es immer mehr Einschläge. Wir verlieren geliebte Menschen. Keiner von uns ist gern allein.
Dieses Buch macht Mut, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen, neue Wege zu gehen und dabei das Leben zu genießen. Schluss mit: Ja, aber...
Es ist nie zu spät für einen Neuanfang und erst recht nicht für die Liebe. Man kann auch mit Ü 60 noch Schmetterlinge im Bauch spüren.
Ich fand Fees Entwicklung von der trauernden vereinsamten Stubenhockerin zur hippen Durchstarterin klasse.
Musik spielt im Roman eine große Rolle. Es gefällt mir, dass Carla Berling viele tolle Musiktitel in ihre Geschichte einbindet. Ohrwürmer im Kopf, die nach einer Playlist zum Buch rufen.
Wer sich nun summend durch den Roman gelesen hat, erfährt am Ende auch, was es mit dem „Klammerblues um zwölf“ auf sich hat.
Unterhaltsames Lesevergnügen mit ernsten Untertönen und Schmunzelgarantie!
Schlagt zu bei dieser coolen Lektüre. Ja, aber war gestern! Heute wird gelesen!
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