Bezaubernd und vielschichtig
von Keigo Higashino
Verlag: Limes Verlag (13. April 2021)
Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
ISBN: 9783809027102
Genre: Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab-Hinweis:
Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies
hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Atsuya, Kohei und Shota sind nach einem Einbruch auf der Flucht und verstecken sich in einem alten, seit vielen Jahren geschlossenen Gemischtwarenladen. Eine dicke Staubschicht liegt über allem. Offenbar war schon lange niemand mehr hier. Umso erstaunter – und erschrockener – sind die drei, als plötzlich ein Brief durch einen Fensterschlitz in den Laden fällt. Die Neugier siegt und sie öffnen den Brief – schließlich steht kein Adressat auf dem Umschlag. Der Inhalt lässt die drei erst einmal sprachlos zurück.
„»Was soll das denn?« Shota war der Erste, der das Wort ergriff. »Warum schreibt die uns so einen Brief?« »Sie steckt in der Klemme«, meinte Kohei. »Steht doch da.«“ (S. 17)
Die Einbrecher grübeln und überlegen, weshalb jemand bloß auf die Idee kommt, in einem Gemischtwarenladen um Rat zu bitten. Sollen sie den Brief ignorieren? Kommt deswegen womöglich jemand vorbei? Doch der Brief ist nur ein Teil dieser ungewöhnlichen Nacht, deren Ursprung weit in der Vergangenheit liegt.
Keigo Higashino erzählt in „Kleine Wunder um Mitternacht“ eine ganz wunderbare Geschichte, die mich restlos begeistert hat. Was relativ einfach beginnt, entpuppt sich als eine komplexe Geschichte, die vor vielen Jahren begann, als Herr Namiya vom Gemischtwarenladen anfing, Fragen seiner Kunden mit großer Ernsthaftigkeit und oftmals ebenso großer Weisheit zu beantworten, egal wie banal oder verzwickt sie waren. Waren es zu Beginn nur einfache Zettel an einer Pinnwand, so wurden schnell privatere und längere Briefe daraus. Erzählt wird nicht nur die Geschichte von Namiya, sondern auch von einigen Ratsuchenden, wie etwa die von Mondhase, von der der erste Brief stammt, den Atsuya und seine Komplizen plötzlich in den Händen halten. Wir dürfen die Anfragen und Antworten lesen und tauchen dazu noch in die Lebensgeschichten der Fragenden ab. Geschickt verwebt der Autor die unterschiedlichen Geschichten zu einer gemeinsamen. Es gibt immer wieder Überschneidungen, seien es Orte, wie etwa das Kinderheim Marukoen, bestimmte Schallplatten oder auch ein schlichtes Fischgeschäft.
Keigo Higashinos Sprache ist schön und voller Leichtigkeit und hat mich durch die Seiten fliegen lassen, trotz der teils geschilderten schwerwiegenden Probleme. Dabei geht es bei weitem nicht nur poetisch zu, vor allem die Wortwahl der Diebe ist sehr bodenständig, manchmal beinahe grob. Doch es passt zu ihnen und das zeichnet auch den ganzen Roman aus. Die Worte, die der Autor seinen Figuren in den Mund legt, sind stimmig, wodurch sie sehr real wirken.
Mir fällt es unglaublich schwer, all das, was mir so sehr gefallen hat in Worte zu fassen ohne zu viel zu verraten. Daher gibt es von mir für diesen bezaubernden, vielschichtigen und irgendwie erfüllenden Roman schlichtweg eine klare Leseempfehlung. Lasst euch selbst verzaubern.
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