Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Hysterie
Hamburg 1929: Paula Haydorn ist seit einem Jahr eine der ersten Frauen bei der Kriminalpolizei und macht ihren Job wirklich gerne und auch gut, doch die Hinrichtung einer von ihr überführten Mehrfachmörderin hat sie verunsichert und geht ihr noch lange nah. „Und wenn wir doch etwas übersehen haben?“ (S. 11)
Darum ist sie bei ihrem neuesten Fall besonders gründlich. Die gutsituierte aber hysterische Witwe Signe von Arnsberg zeigt erst den Mord ihres Schoßhündchens an und meldet später ihre sechsjährige Tochter Dorothee als vermisst. Außer Paula nimmt sie zunächst niemand ernst. Man glaubt ihr nicht einmal, dass es das Kind wirklich gibt. Dann vermuten Paulas Kollegen, dass sich das Kind und sein Kindermädchen Alma nur verlaufen oder durch etwas haben ablenken lassen, schließlich machen sie hier Urlaub.
„Das Kind der Lügen“ ist bereits der zweite Teil der Reihe mit Paula Haydorn. Sie und ihr Vorgesetzter Martin Broder sind sich im letzten Jahr nähergekommen, aber immer, wenn sie denkt, dass er endlich den nächsten Schritt macht, zieht er sich wieder zurück. Also stürzt sie sich voller Elan in die Arbeit.
Die Suche nach Dorothee und Alma verlangt dem ganzen Team einiges ab. Im Laufe der Ermittlungen geraten neben Signe selbst auch ihr Chauffeur und eine alte Freundin ins Visier der Polizisten – aber nirgendwo findet sich eine Spur von oder zu dem Kind und Kindermädchen. Die Zeit rennt ihnen langsam davon. „Wir sind nicht schnell genug, Paula. Wir suchen zwei Menschen, darunter ein kleines Kind, und tappen auch nach einer Woche immer noch im Dunkeln.“ (S. 162)
Signe erschwert die Nachforschungen, ist übernervös, sehr undurchsichtig und voller Geheimnisse. Sie verrät den Ermittlern immer nur das Allernötigste und belügt sie auch – natürlich nur zum Wohl ihres Kindes, behauptet sie später. Die Situation spitzt immer weiter zu, es gibt sogar Anschläge auf die die Ermittler. Will der Entführer die Polizisten etwa mit allen Mitteln von der Aufklärung des Falles abhalten?!
Helga Glaesener hat einen sehr komplexen Handlungsstrang geschaffen, bei dem man bald nicht mehr weiß, wem bzw. was man noch glauben kann und wer alles involviert ist. Paula und ihre Kollegen ermitteln in Hamburg, Cuxhaven und Bielefeld, dadurch bekommt man einen Einblick in die Örtlichkeiten zur damaligen Zeit, wie die (Zusammen-)Arbeit funktionierte und welche Ermittlungsmethoden angewandt wurden.
Ich finde es toll, dass Paula zwar als starke Frau, aber nicht als überlegene Einzelkämpferin dargestellt wird. Sie ist mutig und kann sich durchsetzen, hat aber auch Schwächen und Ängste. Zusammen mit ihren Kolleginnen hat sie sich inzwischen gut in die Kripo integriert, man kann sich aufeinander verlassen, deckt sich auch schon mal gegenüber Vorgesetzten und geht nach der Arbeit zusammen baden oder ein Bier trinken.
Mein Fazit: Paula ist eine sympathische Ermittlerin mit Ecken und Kanten, die Handlung bis zum Ende spannend und temporeich. Ich bin gespannt auf den nächsten Fall.
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