Der Nerd-Code
„Manchmal fühlte es sich so an, als wären wir zwei Segelboote, die am selben Hafen abgelegt hätten, dann aber vom Wind auseinander getrieben worden waren.“ (S. 34) Charlie ist Informatikerin und hat für ihre Doktorarbeit eine feministische KI namens Emily gebaut und programmiert. Leider sind weder ihre betreuende Professorin noch ihre Kollegen davon sonderlich beeindruckt. Auch privat läuft es nicht rund. Nach 12 Jahren ist aus ihrer Beziehung mit David die Luft raus. Als sich ihre jüngere Schwester dann schon nach 2 Jahren verlobt und sehr zügig eine sehr pompöse Hochzeit plant, kommt Charlie ins Grübeln. Sie hatte zwar gesagt, dass sie nie heiraten will, aber David fragt ja nicht mal. Und dann steht plötzlich Nate vor ihr und die Schmetterlinge in ihrem Bauch fliegen wieder …
Nerdy, wie David Charlie liebevoll nennt, ist ein echter Workaholic. Selbst zu Hause kann sie nur an ihre KI und Fehlercodes denken und vernachlässigt ihr Privatleben. Wobei sie im Zwischenmenschliche eh nicht besonders gut ist, immer alles zerdenkt und jedes nur mögliche Fettnäpfchen mitnimmt. Sicher fühlt sie sich nur im Reich der Zahlen und binären Codes. Zum Glück scheint David Verständnis zu haben und lässt ihr ihre Ruhe – was sie dann auch wieder stört, weil er vor der Konsole oder mit seinen Kumpels auf Bolzplätzen rumhängt. Rückhalt gibt ihr ihre beste Freundin Maxi, die immer ein offenes Ohr für Charlie hat, wenn sie auf Arbeit wieder mal übergangen oder ignoriert wurde. Ihre Doktormutter scheint aber auch die Anna Wintour der Akademischen Landschaft zu sein und keine andere Frau neben sich zu dulden. Maxi sagt Charly seit Jahren, dass sie mehr Werbung für sich machen und Networking betreiben soll, aber dazu ist sie zu introvertiert. Erst als Nate ihr entsprechende Kontakte vermittelt, springt sie endlich über ihren Schatten und traut sich. Aber dann passiert ihr etwas, was ihre Welt ins Wanken bringt. „Meistens wollte ich einfach nur aus meinem Kopf raus. In den Rettungshubschrauber steigen und die brennende Stadt meines Lebens hinter mir lassen.“ (S. 217)
Marilena Sommer schreibt sehr unterhaltsam, ein bisschen wie Ali Hazelwood, nur ohne den Sex 😉. Charlie als weiblicher Nerd hat mir gut gefallen, auch wenn ich ihre Handlungen nicht immer ganz nachvollziehen konnte. Vor allem das, was nach ihrem „Fehler“ passiert und was sich dann daraus ergibt, war mir etwas zu konstruiert. Außerdem legen David und ihre Schwester einige für mich nicht nachvollziehbare Wendungen hin, aber das Ende passte dann wieder.
Vor allem die Szenen mit ihrer Familie und ihrer Schwester, die immer mehr zu Brautzilla mutiert, waren für Charlie zwar nicht so toll, aber sehr amüsant.
Mein Fazit: Abwechslungsreiche RomCom aus dem deutschen MINT-Bereich mit kleinen Abstrichen. 3,5 Sterne.
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