Nachdem mich Susanne Lieder mit ihrem Buch über Astrid Lindgren so begeistert hatte, war ich gespannt, wie sie sich dem Phänomen Agatha Christie annähert, die ja nur wegen einer Wette mit ihrer Schwester überhaupt zum Krimischreiben gekommen und dann auch noch berühmt geworden ist.
Die Rahmenhandlung bildet der Sommer 1926, als Agatha nach dem Tod ihrer Mutter deren Haus ausräumen muss. Dabei erinnert sie sich an ihr bisheriges Leben zurück und wird von ihrem Mann Arthur eiskalt mit der Forderung nach Scheidung erwischt, weil er sich neu verliebt hat. Sie ist gerade mal Mitte 30 und muss völlig neu anfangen ...
„Ich will einen Mann, der mich sieht … Ich will nicht nur versorgt sein, sondern glücklich.“ (S. 54) Agatha hatte sie immer von der großen Liebe und perfekten, harmonischen Ehe geträumt, wie ihre Eltern sie ihr bis zum frühen Tod ihres Vaters vorgelebt haben. Sie schlägt viele Bewerber aus, bis Arthur Christie sie im Sturm erobert. Bis sie dann allerdings wirklich endlich heiraten, vergehen Jahre voller Auf und Abs, in denen er seine Meinung gefühlt jeden Tag ändert. „Das war das wirklich Erstaunliche an Archie: Er war imstande, jetzt und hier eine Meinung zu revidieren, die kurz zuvor noch in Stein gemeißelt war. Und seine neue Meinung, die aktuelle, vertrat er genauso vehement wie die vorherige. Das nicht weniger Erstaunliche war: Man glaubt ihm, man nahm ihm beides ab.“ (S. 176)
Wie man hier vielleicht schon merkt, erfährt man in Susanne Lieders Romanbiographie sehr viel über Agathas Alltag, wobei ihre Ehe mit Archie leider den Anteil, indem es um ihre schriftstellerische Entwicklung und Karriere geht, deutlich überschattet. So kommt die Stelle mit dem im Klappentext erwähnten Gift und ihre daraus resultierende Idee für den Krimi inkl. Hercule Poirots Geburt erst nach der reichlichen Hälfte des Buches, auch wenn er sie ab da als imaginärer Freund / Ratgeber begleitet und immer wieder zum Schreiben anstachelt. Überhaut werden ihre Bücher und Kurzgeschichten oft nur am Rand erwähnt. Die Figur Miss Marple entsteht z.B. erst 20 Seiten vor dem Ende und damit ist Schluss.
Eins vorweg, Susanne Lieder kann wirklich toll schreiben. Ich konnte mich sehr gut in Agatha hineinversetzen, die trotz diverser Fehlversuche nie aufgegeben und immer weiter geschrieben hat. Auch die extrem enge und liebevolle Beziehung zu ihrer Mutter und Agathas Schmerz, als sie sie verloren hat, ist sehr schön beschrieben. Das Einzige, wo ich sie nicht verstehen konnte, was das Festhalten an der Beziehung zu Arthur, der sich von Beginn an nicht gerade wie ein Traummann ver- und sie ewig hingehalten hat.
Vielleicht waren meine Erwartungen einfach zu hoch oder der Klappentext ungünstig gewählt, aber so kann ich leider nur 3 von 5 Sternen geben.
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