Mittwoch, 24. September 2025

Kein "Kinderspiel" - finden Hasi und Patno

 


„Kinderspiel“ erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die ihr erstes Kind bekommen hat. Ihr Mann geht seinem Job nach und überlässt den Alltag mit dem Baby seiner Frau. Nur hin und wieder versucht er ihr mit guten Ratschlägen zur Seite zu stehen. Sie ist stellenweise total überfordert. Einerseits liebt sie ihr Kind abgöttisch andererseits ist sie so unglaublich wütend.

Hasi: Puh, das war ein Ritt. Claire Kilroy macht es einem nicht leicht, ihre Protagonistin Soldier zu verstehen und zu mögen. Hattest Du bei ihr eigentlich auch sofort die Assoziation zu dem Wort"Soldat", oder ging das nur mir so? An einer Stelle sagt sie es auch selber "... ich schleppte mich durch die Nachtschichten wie eine verwundete Soldatin." (S. 10) Auch Sailor, den Namen ihres Sohnes, nehme ich als Omen. Er segelt durch ihr Leben, schon direkt nach der Geburt hat sie Angst, ihn zu verlieren, dabei ist sie gerade dabei, sich selbst aufzugeben.

Patno: Soldier ist doch meines Erachtens das englische Wort für Soldat und irgendwie passt es ja auch zur Charakterdarstellung. Ich habe auch zwei Kinder auf die Welt gebracht. Daher sind mir viele Dinge, die Soldier erlebt, nicht fremd. Doch habe ich persönlich niemals eine solche Wut wie Soldier empfunden. Ehrlich gesagt, hat mich das ziemlich schockiert beim Lesen. Diese Wochenbettdepressionen können schlimm sein, aber trotzdem fand Soldiers Handlungen teilweise ziemlich überspitzt. 

Hasi: Ich habe ja leider keine Kinder, darum konnte ich diesen Hass und diese Wut, die sie auf ihren Mann entwickelt hat, nicht ganz nachvollziehen. Ich habe mich schon ab und an gefragt, ob er wirklich so war, oder ob das ihr Empfinden war. Warum hat sie ihn nicht einfach mal machen bzw. helfen lassen? Er hätte Sailor bestimmt nicht gleich umgebracht. Aber sie hat ihn ja regelrecht weggestoßen und ihm das kurz darauf zum Vorwurf gemacht.
Ihr alter Freund, den sie dann wiedertrifft, ist das ganze Gegenteil und wird von ihr überhöht wahrgenommen. Aber auch da gab es 1-2 Szenen, bei denen ich nicht sicher war, ob die wirklich passiert sind oder sie sich die nur eingebildet hat (z.B. der nächtliche Spaziergang). Er schien ja immer dann aufzutauchen, wenn sie ihn am nötigsten braucht. War er nur ein immaginärer Freund?

Patno: Ich fand es schon merkwürdig, dass sie immer nur sagt: mein Mann, mein Freund. Sie nennt keine Namen und beide bleiben farblos, wirken wie ein Phantom, sodass ich mir wie du manchmal nicht sicher war, ob sie sich das alles nur eingebildet hat. Ich meine, welcher frischgebackene Vater reagiert so gleichgültig ? Und was in eine Wickeltasche kommt, dürfte doch wohl jeder wissen. Auf mich wirkte die Story stellenweise total überzogen und nicht sehr glaubwürdig. Ein Kleinkind ist für eine junge Familie ein Ausnahmezustand. Es gibt auch Grenzsituationen und als Paar bleibt man oft auf der Strecke. Da bin ich ganz pragmatisch. Da muss man halt durch. Da nützt auch kein Jammern. 

Hasi: Das sehe ich genau so. Für mich war das Buch wie ein Fiebertraum, eine knapp 300 Seiten lange (An-)Klageschrift an ihren Mann und ihr Dasein als alleingelassene, überforderte Mutter. 

"Kinderspiel" liest sich totz des schweren Themas flüssig. Soldier erzählt ihre Geschichte in der Ich-Perspektive und durch Gespräche mit ihrem Kind. Ein sehr intensiver Roman, der uns emotional berührt hat, aber dennoch etwas zwiegespalten zurücklässt. 

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