- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 23.10.2015
- Aktuelle Ausgabe : 23.10.2015
- Verlag : dtv Verlagsgesellschaft
- ISBN: 9783423260824
- Flexibler Einband 352 Seiten
Back to the Roots
Inhaltsangabe: Richard Westermann, IT-Vorstand mit einer
Schwäche für Friedhöfe, verguckt sich bei der Beisetzung des Schriftstellers Höfer
in dessen Schreibmaschine – kurz darauf zieht das Modell › Gabriele ‹ ein in
sein Leben. Als man Westermann dann einen jungen Kollegen als ›Vorstand Data‹
vor die Nase setzt, holt er zum Gegenschlag aus. Er tauscht seinen Rechner
gegen Gabriele. Sein betriebliches Umfeld hält das für ein Ablenkungsmanöver
von seinem eigentlichen Auftrag: der Entwicklung einer ausspähsicheren
Krypto-Box. Im Nu stellen Westermann und ›Gabriele‹ den Konzernalltag auf den
Kopf. Während Westermann in die entschleunigte analoge Welt eintaucht, geht
seine 80-jährige Mutter den umgekehrten Weg: online.
Obwohl ich das Buch an sich gut fand, ließ es sich schwer
lesen. Mich störte der Wechsel zwischen
der Langsamkeit (Westermanns Privatleben und wenn er an Gabriele schreibt) und
der Stresssituationen in seiner Firma. Generelle fehlte mir einfach Spannung,
aber ich denke, dass wollte die Autorin genau so erreichen. Dafür glänzt das
Buch durch tiefgründigen, hintersinnigen Humor, Wortwitz und sehr intelligent
Wortspiele („Such, Maschine“).
Vor allem die Personen haben mir sehr gut gefallen. Sie sind
sehr lebendig und skurril und durch sie / von ihnen lebt der Roman.
Westermann ist Vorstand in einer IT-Firma und arbeitet
gerade an einem Projekt, dass eine sicher Cloud für Benutzer entwickeln will,
scheint aber selber an einer „Netzphobie“ zu leiden. Das geht so weit, dass er
sich eine super-abschirmende Handytasche angeschafft hat und privat nie ins
Netz geht. Als er bei einer Beerdigung eine Schreibmaschine entdeckt ist ihm
sofort klar: das ist die Lösung für sein Problem.
Seine Mutter Yolande entdeckt hingegen mit 82 endlich das
Internet für sich (was hat sie schon noch zu verlieren). Sie will endlich im
Hier- und Jetzt ankommen und kämpft mit dem Computer im Allgemeinen und ihrem Internetanbieter
im Besonderen. Sie versucht auch schon mal, WLan-Probleme mit Reiki zu lösen.
Westermanns Sohn Paul ist nicht der typische Jugendliche –
er sammelt Geräusche, die langsam aus dem Alltag verschwinden und hat sogar
eine Website dazu eingerichtet. Er ist von Gabrieles Handhabung ganz
fasziniert: „Weißt Du, dass ist wie durch Schlamm zu stapfen beim Schreiben.
Herrlich.“
Als Westermanns erste Sekretärin kündigt, weil sie keine
Schreibmaschinen-Seiten kopieren und austragen will („Sie tun ja gerade so, als hätte
ich sie aufgefordert, mit einer Ladung Schriftrollen ins nächste Fürstentum zu
reiten!“), kommt Erika ins Spiel - also eine echte Frau, keine
Schreibmaschine. Sie ist noch vom alten Schlag und gibt ihm ganz schön Kontra,
fordert und unterstütz ihn: „Für das gelebte Leben gibt es weder
Korrekturband noch Escape-Taste ...“. Sie ist ein wunderbarer
Gegenpart zu ihm, der von seiner eigenen Idee mehr oder weniger überholt wurde
und sich der Konsequenzen immer erst hinterher bewusst wird.
Ein weiteres Unikat ist sein neuer junger Vorgesetzter. Er war
natürlich lange beim Marktführer in Amerika, will alles umstrukturieren und predigt
Open Space. Also schlägt Westermann ihn also mit seinen eigenen Waffen und verlegt
die Meetings gemeinsamen auf eine Picknickdecke unter einen Baum. Er sagt ihm
auch recht klar, was er von ihm hält: „LSD. Lesen, Schreiben, Denken. Sollten sie
auch mal ausprobieren ...“
Genial fand ich auch den Schreibmaschinenverkäufer. Ein
Berliner Original mit Berliner Schnauze. „Gabriele“. „36 cm und 17 Kilo – Herzlichen
Glückwunsch“.
Fazit: Ich kann
das Buch nicht wirklich einordnen. Es war mir nicht fesselnd genug. Die Sprache
und die Wortspiele und Sprüche fand ich aber sehr gut. Ein weiteres Highlight ist
die immer wieder auftauchende
Schreibmaschinenschrift.
3 Sterne
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