- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 09.03.2018
- Verlag : List Verlag
- ISBN: 9783471351673
- Fester Einband 288 Seiten
- Genre: (historischer) Roman
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Autor ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
„In der Musik und in der Liebe gibt es keinen Zufall.“
2001 fliegt ein junger Mann
nach New York, um das Tagebuch seiner Urgroßmutter Martha bei Sotheby´s
versteigern zu lassen. Am Ende bringt es noch viel mehr als die erwarteten 30
Millionen – außerdem macht er eine folgenschwere Bekanntschaft.
Martha wird 1900 in Türnow (Pommern)
geboren. Ihr Vater betreibt ein Musikinternat und ihr erstes Wort ist
„Pianoforte“. Aber sie kann weder singen noch eine Melodie auf einem Instrument
spielen, denn sie hört die Töne nicht sondern sieht bzw. spürt sie: als Formen,
Farben und Gefühle. Im Haus lebt auch Wolfgang, der nach einer Weltreise in
Türnow bei ihren Eltern gestrandet und geblieben ist. Wolfang und Martha haben
eine ganz besondere Verbindung, er versteht ihr „Gabe“, fördert und bildet sie.
Seine Idee ist es auch, dass sie ihre Ausbildung am Bauhaus in Weimar fortsetzen
wird, denn sie fühlt sich unvollständig, ist eine Suchende, kann sich nicht
immer so ausdrücken, wie sie will.
In Weimar findet sie die
Liebe ihres Lebens und merkt schnell: „...Frausein ist nicht immer leicht.“
(S. 112). Dann entdeckt sie das Tanzen für sich, ihr fehlendes Teil - endlich fühlt
sie sich komplett. Immer dabei ist eine Kladde, die ihr Wolfgang geschenkt hat.
Eine Chronik entsteht. Am Anfang notiert nur sie selbst ihre Ideen, aber bald
ist es eine Art Wettbewerb ihrer Kommilitonen, sich in einem unbeobachteten
Moment darin zu verewigen. Unter ihnen sind Franz Marc, Paul Klee, Wassily
Kandinsky und Umbo (Otto Maximilian Umbehr). Als das Bauhaus zerbricht, geht
sie zurück nach Türnow. Doch sie ist nicht mehr allein, hat neben der Kladde
auch ein Baby dabei. Dann bricht der Krieg aus ...
Selten hat mich ein Buch so
zwiegespalten zurückgelassen.
Die Sprache ist zu Beginn
sehr poetisch, irgendwie reduziert, malt Bilder mit Worten; aber auch sehr
technisch, wenn es um Formen geht. Außerdem ist es sehr spannend, wie der
Erzähler einerseits vom Fund des Tagebuchs und seinen Entdeckungen darin erzählt
und man parallel dazu Marthas Geschichte erfährt. Sie hatte ein einfache, aber
schöne Kindheit, geprägt von Musik und dem Gefühl, dass ihr ihr älterer kurz
nach seiner Geburt verstorbener Bruder ein Leben lang über die Schulter schaut
und sie führt, beschützt – wie es große Brüder eben so tun. Man spürt das
Besondere der Verbindung.
Als sie nach Weimar geht, lassen
die Spannung und der Erzählfluss leider deutlich nach und ich hatte das Gefühl,
eine Aufzählungen bzw. Stichpunkte ihres Lebens zu lesen. Dabei ist es durchaus
interessant zu erfahren, wie die Ausbildung und der Lehrbetreib im Bauhaus
aufgebaut waren, wie die Beziehungen der Lehrenden und Lernenden untereinander
waren und wie die Nazis da immer mehr reinpfuschten, aber es hat sich für mich
nicht richtig mit Marthas Geschichte verbunden.
Das Blatt wendet sich wieder,
als sie zurück nach Türnow geht. Es war extrem berührend, über die Zeit des
Krieges und Marthas Überlebenskampf zu lesen, wie sie versucht in den letzten
Kriegstagen sich und ihre Tochter zu retten. Dann bricht auch noch das Tagebuch
mitten im Satz ab – was passierte danach? Die Spannung wird schier
unerträglich.
Und auch das eigentliche Ende
des Buches, welches 2001 in New York spielt, war einerseits sehr emotional, wirkte
anderseits aber zu abrupt. Da fehlte mir die Intention eines der Protagonisten –
wurde an der Stelle vielleicht zu viel lektoriert?
Marthas Geschichte und die
ihrer Nachkommen hat mich sehr berührt, auch wenn mich das Buch nicht
durchgängig fesseln konnte.
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