- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.03.2018
- Verlag : Insel Verlag
- ISBN: 9783458363293
- Flexibler Einband 461 Seiten
- Genre: Roman
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
Was geschah in Andalusien?
London 1967: Odelle ist vor 5
Jahren aus Trinidad gekommen. Sie hoffte, hier vom Schreiben leben können. In
ihrer Heimat hatte sie englische Literatur studiert – in London muss sie Schuhe
verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Denn sie ist eine Farbige. Erst
das Skelton Institute bietet ihr wenigstens eine Stelle als Schreibkraft
(Sekretärin) an. Ihre Vorgesetzte Marjorie Quick wird ihr Vorbild und
mütterliche Freundin, Förderin. Quick hat ein eigenes Büro mit einem
Messingschild an der Tür und die Menschen begegnen ihr mit Achtung. Sie ist
sehr gebildet und fortschrittlich, gibt allerdings nur wenig von sich preis. Als
Odelles Partybekanntschaft Lawrie Scott ein Gemälde ins Skelton bringt, dass er
von seiner Mutter geerbt hat, wird Quick panisch. Edmund Reed hingegen, der
Leiter des Instituts sein Glück kaum fassen – das Bild ist von dem im
spanischen Bürgerkrieg verschollenen Maler Isaac Robles. Er will es unbedingt
ausstellen: „In Robles ist alles enthalten. Wenn wir die Geschichte dieses Künstlers
erzählen, erzählen wir die Geschichte eines ganzen Krieges.“ (S.234)
Januar 1936: Olive ist mit
ihren Eltern, dem Wiener Juden Harold Schloss und ihre englischen
aristokratischen Mutter Sarah – die trotz Depressionen, Alkohol und
Medikamenten immer noch wie ein Filmstar aussieht – gerade ans Ende der Welt,
nach Andalusien gezogen. „Olive dachte an ihre Reisekoffer ... die
unzähligen Aufkleber ... die sich abschälten wie alte Häute, die sie und ihre Eltern
abgeworfen hatten. Sie konnte sich kaum mehr an all die Leben, die sie schon
hinter sich hatte, erinnern und fühlte sich, als wäre sie nicht 19, sondern
neunzig.“ (S. 92) Dabei hatte sie in London gerade die Zusage der
Kunstakademie fürs Studium bekommen. Aber ihr Vater, ein Kunsthändler, ist
sowieso der Meinung, dass Frauen zwar malen, aber keine Kunstwerke erschaffen
können. Als die Geschwister Terese und ihr Isaac in das Leben der Familie
treten, ändert sich alles. Terese wird ihr fast so etwas wie eine Freundin („Ich
weiß nie, ob sie meine Freundin sind oder nicht.“ (S. 271)) und Isaac
fasziniert sie sofort, aber sein Herz schlägt für die Politik.
Während sich in Andalusien
die Anzeichen auf einen Bürgerkrieg mehren und das Land im Wandel ist, wird die
Finca zu einer Blase – einer eigenen kleinen heilen Welt voller Glück und
Schaffenskraft, aber auch Eifersucht, Lügen und Geheimnisse. Olive blüht auf.
Sie malt ihre besten Bilder, aber zeigt sie niemandem. Ihre Selbstzweifel sind
zu groß. Ihr Vater würde sie sowieso nicht anerkennen. „Was war es, das aus einem
Menschen, der bloß malte, einen Künstler machte?“ (S. 75) Auch ihre
Mutter scheint zu gesunden, braucht immer weniger Medikamente, obwohl Olives
Vater weiterhin seiner eigenen Wege geht und heimlich Anrufe einer anderen Frau
bekommt.
In „Das Geheimnis der Muse“
kämpfen zu verschiedenen Zeiten zwei Frauen gegen die Ansichten und Vorurteile ihrer
Mitmenschen.
Odelle wird wegen ihrer
Hautfarbe nicht ernstgenommen, passt so gar nicht ins Upperclass-London. Ihr
Selbstbewusstsein ist quasi nicht vorhabenden und sie versteckt ihre
Geschichten lieber, anstatt sie bei Wettbewerben oder Zeitschriften
einzureichen.
Olive hat früh feststellen
müssen, dass männliche Maler deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen und vor
allem viel mehr mit ihren Bildern verdienen. Warum sollte sie sich also der
Kritik aussetzen?
Der Titel passt perfekt zum
Buch, die Geschichte ist voller Geheimnisse und wartet am Ende mit echten
Überraschungen auf. Trotzdem ist der Funke bei mir nicht so richtig übergesprungen.
Die Handlung war mir stellenweise etwas zu langatmig, die politischen
Hintergründe zu autark und zum Teil wie losgelöst vom Rest.
Dafür wird das Flair beider
Zeiten und Orte gut wiedergegeben. Auch die Schaffensprozesse und (inneren)
Kämpfe von Olive und Odelle haben mich sehr berührt.
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