- Erscheinungsdatum Erstausgabe : 11.04.2018
- Verlag : Gmeiner-Verlag
- ISBN: 9783839222010
- Flexibler Einband
- Sprache: Deutsch
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir vom Verlag ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung!
Die Tochter des Glockengießers
Ulm 1349:
Anabel ist die Tochter des skrupellosen Glockengießers Conrad und fürchtet sich
genau wie ihre Stiefmutter und den drei kleinen Geschwister vor den
Handgreiflichkeiten des Vaters. Der hält seine Familie extrem kurz, da er unbedingt
vom Bau des Ulmer Münsters profitieren und in den Rat der Stadt aufgenommen
werden will, das kostet natürlich Geld. Um seine Ziele zu erreichen, schreckt
er weder vor Erpressung, Bestechung noch Mord zurück. Als Anabel dem Abt des
Barfüßer-Kloster auffällt, in dessen Hospital sie arbeitet, zwingt Bertram
seine Tochter in dessen Bett – schließlich ist dieser für die Vergab der
Arbeiten am Münster zuständig ist. Doch Anabel ist in Bertram, den Gehilfen
ihres Vaters verliebt und die Pest breitet sich unaufhörlich aus ... Kann das
Paar rechtzeitig aus Ulm fliehen?
„Die
Launen des Teufels“ ist der Auftakt der Ulm-Trilogie, die jetzt bei Gmeiner neu
aufgelegt wurde. Silvia Stolzenburg erzählt darin relativ ungeschönt, wie das
Leben damals wirklich war.
Die
Kirche ist auf einem moralischen Tiefstand und das erstarkende Bürgertum
versucht, sie endgültig zu entmachten. Gleichzeitig wütet die größte Pestwelle,
die es in Europa je gegen hat.
Anabel
gehört als Meisterstochter der oberen Gesellschaftsschicht an, steht aber unter
der Munt ihres Vaters und hat sich, wie ihre Stiefmutter und Geschwister, allen
seinen „Wünschen“ zu beugen. Sie sind völlig rechtlos, häusliche Gewalt ist ihr
täglicher Begleiter. Selbst wenn ihr Vater sie totprügeln würde, müsste er nur
eine Bußzahlung leisten („Die Frau sei dem Manne untertan ...“).
Der
Gehilfe Bertram ist noch schlechter dran. Sein Vater war Steinmetz, hat
allerdings die Meisterwürde verloren und musste seinen Sohn an Conrad verkaufen,
um selbst überleben zu können. Damit wurde dieser zu Conrads Sklaven.
Die Angst
des Hausstandes vor dem sadistischen Familienoberhaupt und seinen Grausamkeiten
werden sehr lebendig beschrieben und haben mir beim Lesen mehrmals Gänsehaut
beschert – genau wie die zarte und gefährliche Liebesgeschichte von Anabel und
Bertram.
Ein
weiteres sehr spannendes Thema des Buches ist das Ausbreiten der Pest. Die
Menschen gingen zu Beginn noch recht unbedarft mit den Erkrankten um. Es gab
Streitigkeiten bezgl. der Behandlungsmöglichkeiten und vorbeugenden Maßnahmen. Hygiene
und Sauberkeit wurde nicht gerade großgeschrieben, Gesunde und Kranke nicht
getrennt.
Die
Kirchenoberen versuchen, die Pest mit dem „nicht gottgefälligen“ Leben der
Menschen zu erklären, obwohl sie selber ebenfalls gegen sämtliche Gebote
verstießen. In diesem Zuge sind sie bestrebt, auch die Beginen endlich in die
Kirche einzugliedern (und sich damit ihre Besitztümer anzueignen), die sich bis
dato selbstverwalteten. Dabei schreckten sie selbst vor Anklagen wegen Hexerei nicht
zurück. Wenn das die Taten der Männer Gottes sind, braucht man sich vor dem
Teufel nicht zu fürchten.“ (S.292)
Silvia
Stolzenburg schreibt sehr spannend, fesselnd und mitreißend. Die
Liebesgeschichte war mir ein einigen Stellen zwar ein kleines bisschen zu viel,
aber ich bin trotzdem sehr neugierig, wie es im nächsten Band weitergeht.
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