Erscheinungsdatum: 20.07.2018
Fester Einband: 336 Seiten
Verlag: C.H.Beck
ISBN: 9783406727320
Genre: Roman
Die Romane vom C.H.Beck Verlag lese ich sehr gern, denn sie stehen für hochwertige Bücher mit literarisch anspruchsvollen Texten.
Alexander Münninghoffs Roman „Der Stammhalter“ wird mit Turgenjew verglichen, der für seinen lyrischen Schreibstil und seine gefühlsbetonten Ausschweifungen bekannt ist.
Das interessierte mich. Einladend wirkt das nostalgische Foto auf dem Buchcover.
Alexander Münninghoff erzählt die Geschichte seiner Familie in der Ich-Form.
Sein Großvater Joannes, war ein niederländischer Kaufmann, der an der Seite seiner schönen russischen Ehefrau Erica in Riga ein mondänes Leben führte. Der findigen Geschäftsmann hält das Zepter fest in der Hand. Nur sein Sohn Frans scheint völlig aus der Art zu schlagen und sich so gar nicht Vaters Willen zu beugen.
Der Krieg bricht aus, Frans geht zur Waffen-SS und der alte Herr muss Riga verlassen. Er setzt sich nach Den Haag ab.
Frans scheidet als würdiger Erbe aus und somit kommt für Joannes Münninghoff nur sein Enkel als Stammhalter infrage, doch dessen Mutter flieht mit ihm nach Deutschland. Der alte Herr findet auch für dieses Problem eine Lösung.
Eindrucksvoll und lebendig erzählt Alexander Münninghoff seine Geschichte. Dabei beschreibt er die Charaktere eingehend mit ihren Ecken und Kanten. Er urteilt nicht, beschönigt aber auch nichts. Nüchtern und unverblümt schildert er die Ereignisse seiner Kindheit und Jugend.
Der alte Herr - Großvater Joannes- war ein eigenwilliger Mann, ein Despot, der mit harten Bandagen kämpfte. Beeindruckt hat er mich trotzdem. Sein Kampfgeist und Geschäftssinn sind stark ausgeprägt, aber auch seine Heimatverbundenheit. Frans hingegen war wohl zeitlebens ein Suchender, der nach Anerkennung durstete.
Denke ich an Alexanders Mutter, überkommt mich Wehmut. Ihr hätte ich einen Funken mehr Glück gewünscht. Und Alexander muss man einfach mögen. Es ist bestimmt nicht einfach, der Öffentlichkeit all diese Details über sich und seine Familie zu offenbaren. Mit seinem intelligenten Schreibstil, der durch eine exzellente Wortwahl geprägt ist, hat er mich mitgerissen. Zweifelsohne beherrscht Alexander Münninghoff die Kunst des atmosphärischen Schreibens. So kommt Spannung auf. Außerdem sind seine Milieuschilderungen vortrefflich und einprägend. Da möchte ich mich gleich auf den Weg nach Riga und Den Haag machen und auf den Spuren der Münninghoffs wandeln.
Besonders aufschlussreich waren für mich die zeitgeschichtlichen Fakten des politischen und wirtschaftlichen Lebens in Lettland und den Niederlanden.
„Der Stammhalter“ ist keine leichte Unterhaltungsliteratur, eher ein anspruchsvoller biografischer Roman, literarisch erzählt.
Mir hat dieses kluge Buch ausgesprochen gut gefallen. 5 Sterne-Leseempfehlung!
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