ISBN : 9783805203371
Fester Einband : 432 Seiten
Verlag : ROWOHLT Wunderlich
Erscheinungsdatum : 23.10.2018
Genre: Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG) / Vorab
Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung
gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende
Meinung.
Die Stunde Null
„Ihre
einstige Welt lag begraben unter Tonnen von Schutt – und mit ihr so ziemlich
alles, woran sie jemals geglaubt hatte.“ (S. 27)
Berlin, Mai 1945.
Rike, ihre Schwestern Silvie und Florentine sowie ihre Stiefmutter Claire
sitzen im Keller der elterlichen Villa und haben Angst vor dem, was jetzt
kommt. Vor allem vor den Russen. Von ihrem Vater Friedrich haben sie seit Tagen
nichts gehört, ihr Bruder Oskar, Silvies Zwilling, wird seit Stalingrad
vermisst. Ob das Kaufhaus der Familie am Ku’damm noch steht, wissen sie nicht.
Kurz darauf werden
sie aus der Villa vertrieben, das Kaufhaus ist eine Ruine. Rike träumt von
einer Wiedereröffnung, aber zuerst muss die Stadt wieder aufgebaut werden. Wie
so viele andere Frauen arbeiten sie als Trümmerfrauen. Als Rike dabei auf Miriam
Sternberg, die begabte Tochter der ehemaligen (jüdischen) Chefin der
Maßschneiderei stößt, scheint ihr Traum vom neuen Kaufhaus Thalheim wieder
näher zu rücken ...
Ich finde immer
wieder faszinierend wie es Brigitte Riebe schafft, mit wenigen Sätzen
Situationen und Personen zu beschreiben, ihre Träume, Ziele und Ängste.
Rike ist eine
Macherin und Powerfrau. Sie fühlt sich für die Familie verantwortlich und
steckt selbst zurück, wenn es dem großen Ganzen dient. Mit Mitte 20 zählt sie
schon als alte Jungfer und hat den Traum von einer eigenen Familie fast
aufgegeben. Außerdem hatte sie vor dem Krieg ein BWL-Studium angefangen – ob
sie es je beenden kann? Dazu kommt noch das Geheimnis um das Erbe ihres
Großvaters, dass sie unbedingt vor ihrem Vater geheim halten soll.
Ihre jüngere
Schwester Silvie ist da ganz anders. Sie möchte jetzt vor allem endlich leben
und verliebt sich regelmäßig neu. Sie macht bald Kariere – wenn auch in einer
völlig anderen Richtung als geplant - und hilft damit der Familie auf ihre ganz
eigene Weise. „Wenn wir nicht an eine Zukunft glauben, werden wir auch keine haben.“
(S. 88)
Meine
Lieblingsnebenprotagonistin ist die Jüdin Miriam. Ich habe durch sie zum ersten
Mal davon erfahren, dass einige Juden als „U-Boot“ (getarnt und gleichzeitig in
aller Öffentlichkeit) den Krieg mitten unter den Augen der Nazis überlebt
haben. Trotzdem allem will sie jetzt keine Sonderstellung: „Nie
wieder im Leben eine Sonderbehandlung! Ich bin ein stinknormales Berliner
Mädchen, nicht anders als Du. Wir sind genau so wie ihr – nur eben jüdisch.“
(S. 71) Sie hat von ihrer Mutter Schneidern gelernt und träumt vom Besuch einer
Modeschule mit einem richtigen Abschluss.
Sehr anschaulich schildert
Brigitte Riebe die entbehrungsreiche Nachkriegszeit, die politischen und
persönlichen Entwicklungen, das Bangen bei der Währungsunion und die Luftbrücke,
welche das Überleben der „Westberliner“ nach der Abriegelung durch die sowjetischen
Besatzer sicherte. Mehr als eine Szene hat mir echte Gänsehautmomente beschert,
vor allem das Ende ...
Brigitte Riebe
schafft es wie kaum eine andere Autorin, die jüngere deutsche Geschichte extrem
fesselnd und mitreißend zu erzählen. „Die Schwestern vom Ku’damm“ ist wieder
eines der Bücher, das man kaum aus der Hand legen mag und sich dann am Ende
ärgert, es viel zu schnell ausgelesen zu haben. Aber zum Glück ist es der
Auftakt einer Trilogie und wir werden schon im nächsten Sommer erfahren, wie es
weitergeht.
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