ISBN : 9783404177486
Flexibler Einband : 560 Seiten
Verlag : Bastei Lübbe
Erscheinungsdatum : 28.02.2019
Genre : Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Ein Café in den Wirren des 2. WK
Luisa wächst
als uneheliche Tochter des Gutsherren auf einem Gut in Ostpreußen auf. Ihre
Eltern lieben sich, aber die herrische Großmutter hat ihrem Sohn die Ehe mit
der kleinbürgerlichen Mutter verboten. „Die Großmutter hat ihr Herz in einen
stählernen Kasten verschlossen, und nur Papa besitzt einen Schlüssel dafür.“
(S. 26). Als ihr Vater stirbt, müssen sie das Gut verlassen und bauen sich in
Stettin eine neue Existenz auf. Doch 1945, kurz vor Ende des 2. Weltkrieges,
müssen sie auch von dort fliehen – die Russen kommen und rächen sich gnadenlos für
das Leid der letzten Jahre. Luisa und ihre Mutter wollen nach Wiesbaden, wo Onkel
Heinz hoffentlich noch das „Café Engel“ betreibt. Allerdings weiß Heinz bisher nichts
von Luisas Existenz, da er und ihre Mutter sich aus den Augen verloren hatten.
Das „Café
Engel“ hat den Krieg wirklich überstanden. Heinz betreibt es zusammen mit
seiner Frau Else und Tochter Hilde. Allerdings wird auch er in den letzten
Kriegstagen zum Volkssturm eingezogen und an die Front geschickt, wo er bald in
Kriegsgefangenschaft gerät. Doch Else und Hilde sind sehr patent und halten das
Café am Laufen. Zu ihren Stammgästen gehören viele Künstler, da sich die Oper
direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet und auch das Theater
nicht weit weg ist. Durch den Krieg blieben immer mehr Gäste weg. Die jüdischen
sind vor Jahren ausgewandert, die anderen wurden nach und nach eingezogen.
Ich
durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde bei Lesejury vorablesen und einige
Mitleser bemängelten, dass die Geschichte aus zu vielen verschiedenen
Perspektiven erzählt wird. Aber genau das hat für mich den Reiz des Buches
ausgemacht. Man erlebt abwechselnd aus der Sicht des jeweiligen Protagonisten
die Flucht, Gefangenschaft oder Kriegs- bzw. Nachkriegszeit. Allerdings ist
m.E. auch der Klappentext etwas ungünstig gewählt. Es geht (wie dort
beschrieben) nicht vorrangig um die Differenzen zwischen Hilde und Luisa – die
machen nur einen kleinen Teil der Handlung aus.
Marie
Lamballe schreibt sehr fesselnd und lässt die damalige Zeit lebendig werden.
Vor allem mit Luisa und Julia habe ich sehr mitgelitten. Julia ist eine Jüdin,
welche Hildes Familie und die anderen Hausbewohner während der Naziherrschaft
verstecken. Während die anderen bei den Bombenangriffen in den Keller oder
Luftschutzbunker fliehen, kann Julia ihr Versteck nie verlassen. Wie lange hält
sie dieses Leben noch durch? Die dauernde Angst vor Entdeckung? Und was wird,
wenn der Krieg wirklich mal vorbei ist? „Julia ... hat Angst vor der Freiheit,
sie hat zu lange als Schatten in der Abstellkammer gehaust, um schon wieder ein
Wesen aus Fleisch und Blut zu sein.“ (S. 154).
Auch
Luisa erleidet auf ihrer Flucht in Richtung Westen unsägliche Dinge, an denen
viele andere zerbrochen wären und die mir das Blut in den Adern gefrieren
ließen. Trotzdem hat sie sich ihre Menschlichkeit bewahrt und immer wieder
anderen Flüchtlingen geholfen. Mir hat gefallen, dass die Autorin hier nichts
beschönigt oder verschwiegen hat, sondern auch die besonders grausamen Seiten
des Krieges zeigt.
Heinz ist
ein sehr eigener Charakter. Er sieht sich als Kunst-Mäzen, hält seine alten
Freunde weiter aus, als sie selbst kaum noch Nahrungsmittel haben. Er ist extrem
gutmütig und würde Haus und Hof verschenken, wenn Else und Hilde ihn nicht bremsen
würden.
Vor allem
Hilde hat es nicht leicht, sich gegen ihren Vater zu behaupten. Sie träumt seit
ihrer Kindheit davon, das Café zu führen. Als dann Luisa zu ihnen kommt und von
Heinz sofort ins Herz geschlossen wird, reagiert Hilde stutenbissig. Diesen Wesenszug
an ihr konnte ich nicht verstehen. Er machte sie mir zum Teil recht
unsympathisch. Dabei sind sich die beiden Frauen eigentlich recht ähnlich. Es
sind starke Persönlichkeit, Macherinnen. Auch wenn Hilde eher (vor-)laut und
gern etwas frecher vorgeht und Luise stiller. Beide geben nicht so schnell auf
sondern kämpfen für ihre Visionen und Ziele.
Was mich
ebenfalls etwas gestört hat, war das Ende. Es war mir zu glatt und happy, dafür
dass der Weg bis dahin sehr dramatisch war. Auch Hildes plötzlichen Sinneswandel
im Bezug auf Luise konnte ich nicht nachvollziehen und fand ihn zu plötzlich
und unmotiviert.
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