ISBN : 9783810530523
Fester Einband : 400 Seiten
Verlag : FISCHER Krüger
Erscheinungsdatum : 27.03.2019
Genre : Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
„Der Camino geht Dich.“
Schon seit über 1000
Jahren pilgern Gläubige und Ungläubige nach Santiago de Compostela. Inzwischen gehen
jährlich um die 300.000 Menschen den Camino. Dabei geht es längst nicht mehr
allen um das Vergeben der Sünden, es scheint viel eher eine neue Art der
Selbstfindung und des Auslotens seiner Grenzen zu sein.
Nicht erst seit „Ich
bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling bin ich ein großer Fan des Pilgerns, denn
auch viele historische Romane beschäftigen sich schon länger mit diesem Thema.
Ich möchte den Jakobsweg auch irgendwann gehen, kreuze den sächsischen
Abschnitt regelmäßig beim Gassigehen. Aber im Gegensatz zu Martin und Zoe, den
beiden Hauptfiguren in „Zum Glück gibt es Umwege“, fehlt mir bisher noch der
finale Anstoß.
Zoe und Martin sind
gerade in einer Sinn- bzw. Lebenskrise. Sie ist frisch verwitwet und will in
Cluny ihre ehemalige Studienfreundin Camille besuchen, da fällt ihr in einem
Antiquitätengeschäft eine sehr ungewöhnliche Pilgermuschel auf. „Zoe,
diese Muschel wird nach Santiago gehen. Und wenn sie Ihre Reise beenden, werden
sie finden ... was sie verloren haben.“ (S. 41). Obwohl es nie geplant
war und sie weder die passende Ausrüstung noch genügend Geld hat, schafft sie
sich eine kleine Grundausstattung an und läuft einfach los.
Martin wurde von seiner
Frau betrogen und ist frisch geschieden. Er unterrichtet in Cluny Studenten und
hat mit ihnen einen Wanderkarren für Pilger entwickelt, die ihr Gepäck nicht
auf dem Rücken tragen können. Er geht die Reise wissenschaftlich an und will
beweisen, dass der Karren wirklich funktioniert, denn er sucht einen Investor
für die Serienproduktion.
Ich fand es sehr
spannend, dass durch die beiden Hauptprotagonisten der Camino immer aus
mindestens zwei Sichtweisen geschildert wird. Dazu kreuzt Bernhard mehrfach ihren
Weg – ein junger Mann, welcher vor allem das Leben zu lieben scheint und sich
fordernd und frech ungefragt in das Leben anderer einmischt.
Sie alle gehen zwar den
gleichen Weg und treffen oft auch die gleichen Leute, machen aber nicht die
gleichen Erfahrungen mir ihnen. Dass man seine Umgebung unterschiedlich
wahrnimmt und es verschiedene Sichten auf die gleichen Dinge gibt, vergisst
bzw. verdrängt man im Alltag oft – auf dem Camino hingegen wird es nur zu
deutlich.
Als Zoe losläuft,
glaubt sie noch den plötzlichen Tod ihres Mannes verarbeiten zu müssen, dabei
gehen ihre Zweifel und Sorgen tiefer, reichen viel weiter in ihre Vergangenheit
zurück. Erst nach und nach gesteht sie sich ein, was sie all die Jahre
verdrängt hat. Außerdem muss sie sich klar werden, wo, wie und wovon sie in
Zukunft leben will.
Martin meint, den
Camino nur zu gehen, damit er am Ende seinen Karren an den Meistbietenden
verkaufen kann. Aber seine Scheidung hat die Beziehung zu seiner Tochter sehr
belastet und es gelingt ihm nur schwer, sich ihr wieder anzunähern.
Zoe und Martin sind
sehr verschieden. Sie laufen den Weg nicht zusammen, treffen sich aber zwangsläufig
(und manchmal auch geplant) immer wieder. Zwischen ihnen entwickeln sich zarte
Bande und man hat das Gefühl, dass das zwischen ihnen was fürs Leben werden
könnten. Aber sie kommen aus verschiedenen Teilen der Welt. „Also
stehen wir beide in der Mitte unseres Lebens vor einem Neuanfang. Werden wir
mutig sein oder einfach wieder das machen, was wir immer gemacht haben.“
(S. 273)
Man merkt dem Buch an, dass
Grame Simsion und Anne Buist den Camino selbst gewandert sind und sie beim
Schreiben eigene Erlebnisse einfließen ließen – das Leben ist manchmal nämlich
noch viel verrückter als die Fantasie. Sie haben einen sehr angenehmen
Erzählstil, ihre Beschreibungen der Pilger und des Weges haben die Bilder in
meinem Kopf lebendig werden lassen.
Besonders
gefiel mir das Zusammengehörigkeitsgefühl der Pilger untereinander, welches
immer wieder beschrieben wird. Man hilft sich, teilt das Essen, die Unterkunft
und vor allem die Erfahrungen. Das hat mich beeindruckt.
„Zum Glück gibt es Umwege“ hat mich zum Schmunzeln und
vor allem zum Nachdenken gebracht. Was ist wirklich wichtig, wo komme ich her
und wo will ich hin. Vor allem aber hat es mich in meinem Vorsatz bestärkt, den
Camino auch eines Tages zu laufen.
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