Lieber Erik, im Rahmen der Blogtourzu „Der unmögliche Mord“ habe ich „Der tiefe Schlaf“ gelesen und war sofort begeistert von Deiner Geschichte. Nun ist mit „Im Garten Numen“ endlich Dein erster Roman. Grund genug, um Dir mal ein wenig auf den Zahn zu fühlen und die ein oder andere Frage zu stellen.
Hallo Meike, es freut
mich ja immer besonders, wenn ich neue Leser und Leserinnen von meinen
Geschichten zu überzeugen weiß. Danke, dass Du mich heute aufgrund einer meiner
Geschichten zum Gespräch eingeladen hast.
Mit welchen 5 Worten
würdest Du Dich beschreiben?
Bücher, Bücher,
Bücher, Comics und Hunde
Worum geht es „Im
Garten Numen“?
„Im Garten Numen“ erzählt die Geschichte eines Vaters, der ins
Waldviertel aufgebrochen ist –
das ist eine wenig
erschlossene, ländliche Gegend im Norden
Österreichs – um nach seiner verschwundenen Tochter zu suche, diese war dort bis
vor Kurzem nämlich in einer kirchlichen Therapieeinrichtung, zum Zwecke des Drogenentzugs. Nun ist es aber so, dass
der Vater selbst eine Vergangenheit als Junkie hinter sich hat, und zusätzlich von
den Leuten im Dorf nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen wird. Allgemein
stellen sich die Familienbeziehungen zwischen
Vater, Tocher und der Exfrau von Simon Heymann – so heißt der
Protagonist des Romans – bald schon als äußerst prekär heraus. Noch dazu
scheint der örtliche Geistliche sein eigenes Spiel mit Simon zu spielen, und
versucht ihn an eine Grenze zu bringen, die er schon seit Jahrzehnten hinter
sich gelassen zu haben glaubte. Eine Grenze, die ihn bis heute nicht nur
sprichwörtlich von der Finsternis geschützt hat. Es steht unterdessen ständig
die große Frage im Raum, was jetzt wirklich mit Katharina, seiner Tochter,
passiert ist. Er befürchtet schon bald, dass man sie in ebendieser Finsternis
gefangen hält, und dass er der einzige ist, der sie von dort befreien kann. Um
das zu tun, muss er sich allerdings in eine Welt begeben, die ihn mit Haut und
Haaren zu verschlingen droht.
Wie lange hat es von
der ersten Idee zu bis zum fertigen Buch gedauert?
Haha, so gefragt wäre
ich geneigt zu sagen: 14 Jahre. Also vor 14 Jahren habe ich meinen ersten Roman
geschrieben, diesen danach euphorisch an dutzende Verlage geschickt, aber –
heutzutage für mich sehr verständlich – daraufhin
nur ein, zwei abschlägige Antworten erhalten. Ich habe mich dadurch allerdings
nicht entmutigen lassen und habe gleich im Anschluss den nächsten Roman
geschrieben, allerdings mit genau demselben Ergebnis wie beim ersten. Seitdem
habe ich insgesamt dreizehn Romanmanuskripte und dutzende Kurzgeschichten verfasst.
De facto zu veröffentlichen habe ich allerdings erst voriges Jahr im Februar
begonnen, mit meiner Geschichtensammlung „Am Fuß des Leuchtturms ist es
dunkel“. Für mich ist es irgendwann im Verlaufe der letzten 14 Jahre wichtig
geworden, eine gewisse Qualität und Routine beim Geschichtenerzählen zu
gewinnen, ehe ich damit an die Öffentlichkeit trete. Im Herbst 2018 kam dann
meine Novelle „Hinaus durch die zweite Tür“ heraus, und als beides – also
sowohl Novelle und Geschichtensammlung – von LeserInnen, Literaturplattformen
und BloggerInnen wirklich sehr gut angenommen und rezensiert wurde, war für
mich klar, dass es jetzt an der Zeit ist, mir endlich den Traum vom Debütroman
zu erfüllen. Und et voilà, hier ist er also. Die reine Schreibzeit hat etwa
vier Monate in Anspruch genommen. Für mich gehört aber immer eine lange
einleitende Phase an penibler Recherchearbeit, Ideensammlung und ein Einlesen
in die Thematik dazu. Manche Geschichten trage ich daher jahrelang mit mir
herum, bevor ich sie endlich zu Papier bringe. Anstoß dazu ist oft genug die
gelungene Geschichte eines Autorenkollegen oder einer Autorenkollegin, die sich
mit einer ähnlichen Thematik beschäftigt, und es dabei schafft, etwas in mir in
Bewegung zu setzen, das mich meine eigene Geschichte letztlich zutage fördern
lassen möchte. Ich hoffe, diese Antwort war jetzt nicht allzu vage.
Und um es auf keinen
Fall zu vergessen: Ich habe an dieser Stelle dem White Train-Verlag aus
Darmstadt, und dessen Betreiber Tobias Reckermann aufs Herzlichste dafür zu
danken, dass sie mich so tatkräftig unterstützen. Ohne ihn und seine hehre
Vision einer besseren Literaturlandschaft für die heimische Phantastik, wäre
das alles für mich nicht möglich gewesen.
Da ich gestehen muss,
dass ich immer noch nichts von ihm gelesen habe, habe ich in „Der tiefe Schlaf“
die Anspielung auf H.P. Lovecraft nicht erkannt. Dafür kennst Du seine Werke
umso besser. Was fasziniert Dich an seinen Geschichten am meisten?
Also per se mag ich
die Weird Fiction als Literaturgenre einfach so wahnsinnig gerne, weil sie für
mich eine perfekte Amalgamierung zwischen hoher Literatur und Phantastik
darstellt. Im amerikanischen Sprachraum spielen sich da ja aktuell ganz große
Sachen ab, die kaum ihren Weg in die deutsche Übersetzung finden. Und das finde
ich überaus schade, daher habe ich es mir in den Kopf gesetzt, diese
Literaturgattung auch bei uns wieder einzubürgern, indem ich sie mit heimischen
Geschichten, Kulissen und Tropen fülle. Es hat ja zu seiner Zeit sicher
talentiertere Schriftsteller als H.P. Lovecraft gegeben, aber in einem Punkt machte
ihm so schneller keiner was vor, nämlich darin, einen Mythos zu schaffen. Das,
was er damals in all seiner sinnesübersteigenden Wahnsinnigkeit in seine
Erzählungen eingeflochten, und die Großen Alten genannt hat, hat einfach die
Zeit viel besser überstanden als so manches andere. Gleichzeitig bietet er viel
Angriffsfläche, um über sein – heutzutage jedermann bekanntes – Universum ganz eigene Interpretationen
anzubringen. Das hat schon seinen eigenen Reiz. Es gibt ja von Suhrkamp diese
wunderschönen H.C. Artmann-Übersetzungen, die ich Dir sehr ans Herz legen möchte.
Auch wenn viele meinen, es wäre sprachlich eher eine Neuinterpretation als eine
Übersetzung gewesen, finde ich persönlich diese Ausgaben immer noch am besten.
Aber der FESTA-Verlag hat auch schöne, moderne Kompendien zu seinem Gesamtwerk aufliegen.
Ich habe bei Facebook
eine Skizze von Dir für eine deiner Geschichten gesehen. Machst Du zu jeder
Geschichte Skizzen?
Nein, nicht zu jeder,
aber schon zu der einen oder anderen. Ich habe ja im Jahr 2000 eigentlich als
Kunstmaler und Illustrator zu arbeiten begonnen, habe daneben auch das eine
oder andere Independent-Comic gezeichnet und verlegt, und fühle mich dieser
Kunstgattung heute noch sehr zugetan. Es ist nur seit einigen Jahren eben so,
dass ich meine wahre Liebe in der Schriftstellerei gefunden habe, und alles an
Zeit ins Verfassen von Geschichten stecke, weil mich das eben am glücklichsten
macht. Daneben bleibt mir nur noch selten Zeit, um zu zeichnen und zu malen.
Hast Du einen
Lieblingsort zum Schreiben?
Physisch ja: an
meinem Computer, am fixen Arbeitsplatz in der Wohnung, dabei meinen über alles
geliebten Hund Melvin fest um die Beine gewickelt. Aber es ist schon so, dass
ich auch gerne spazieren gehe, um zu schreiben. Ich sammle dann unterwegs Beobachtungen,
lege mir dazu digitale Notizen am Handy an (heutzutage ein unentbehrliches
Gerät für mich, weil es viele meiner Ideen für spätere Abrufung speichert) und
feile geistig schon an bestimmten Formulierungen und Szenen, die ich dann
später, wenn ich zuhause meine Finger tatsächlich auf die Tastatur lege,
einfacherweise nur noch aus meinem Gedächtnis klauben muss.
Wer ist Dein Lieblingsheld
und oder Bösewicht in der Literatur?
Oh, schwierige Frage,
da gibt es so viele, das wird sich wahrscheinlich von Tag zu Tag ändern, wenn
ich danach gefragt werde. Aber ich versuche, einfach einmal aus dem Bauch zu
antworten:
Mein Lieblingsheld ist
wahrscheinlich Logan Neunfinger aus Joe Abercrombies „Kriegsklingen“.
Und mein
Lieblings-Bösewicht, hmmm, ich schätze Negan aus „The Walking Dead“, aber aus
der Comic-Serie, nicht aus dem Fernsehen. Den im Fernsehen empfinde ich
eigentlich nur als billigen Abklatsch von dem genialen Bösewicht der Comics.
Erinnerst Du Dich an
Dein erstes selbstgelesenes Buch?
Ja, allerdings, es hat
immer noch einen prominenten Platz in meinem Bücherregal. Ich habe schon lange
vor dem Schulalter „Puckerl und Muckerl“ von Hilde Forster als erstes Buch
gelesen.
Bungee-Jumping oder
mit Haien tauchen?
Pfuh, Du machst es mir
nicht leicht … mit den Haien tauchen.
Chips oder
Schokolade?
Am liebsten beides
abwechselnd, an manchen Tagen.
Der Schreibtisch:
aufgeräumt oder chaotisch?
Aufgeräumt! Der
Schreibtisch ist tatsächlich das einzige, das ich aufgeräumt bevorzuge.
Vielen Dank, lieber
Erik, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast.
Ich habe zu danken,
liebe Meike. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mich mit Dir zu unterhalten.
Update 27.05.19:
Nun ist auch meine Rezension zu "Im Garten Numen" online. Schaut also gerne hier vorbei.
Nun ist auch meine Rezension zu "Im Garten Numen" online. Schaut also gerne hier vorbei.
1 Kommentar:
Danke für das nette Gespräch :)
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