ISBN : 9783442488483
Flexibler Einband : :368 Seiten
Verlag : Goldmann
Erscheinungsdatum : 15.07.2019
Genre : Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Ein mysteriöser Todesfall und andere Geheimnisse
„Dieser Streifen war wichtig - und
sie meinte, ihn für immer zu verlieren, wenn sie ihn aus den Händen gab.“
(S. 138).
November 1946: Lili Paal (geb.
Wartenberg) arbeitet als Cutterin für die neugegründete DEFA in Berlin, als sie
von ihrer Halbschwester Hilde erfährt, dass es ihrer Mutter Sophie in Hamburg von
Tag zu Tag schlechter geht. Um zu ihr zu reisen, benötigt Lili einen
Interzonenpass – den sie sich vom britischen Filmoffizier John Fontaine erhofft.
Capitain Fontaine bietet ihr einen Deal an: Lili hat schon einmal einen im
Krieg nicht fertiggestellten Film gefunden und geschnitten. Wenn sie ihm das
Versteck eines weiteren Films verrät und ihm hilft, diesen aufzustöbern, nimmt
er sie mit nach Hamburg. Zufällig hat Lili gehört, dass in Travemünde der
letzte Film mit der berühmten Thea von Middendorff versteckt sein soll. Dieser
Film ist berüchtigt, weil Theas Mann beim Dreh ums Leben kam und die Todesumstände
nie öffentlich gemacht wurden. Und der damalige Regisseur, Leon Caspari, dreht zufällig
gerade den ersten Nachkriegsfilm – mitten in Hamburg ...
„Das Kino am Jungfernstieg“
von Micaela Jary ist der Auftakt einer neuen Reihe um die Entwicklung des Kinos
nach dem Krieg und beleuchtet dabei die Geschichte der fiktiven Familie
Wartenberg. Lilis Vater hatte das Kino in den 30er Jahren gegründet und ihre
Mutter Sophie hattte es all die Jahre geleitet. Als Lilis Vater kurz vor Ende
des Krieges erschossen und ihr Haus bei einem Bombenangriff zerstört wurde, musste
sie zu ihrer älteren Tochter Hilde und deren Mann ziehen.
Lili ist geschockt, als sie
im völlig zerstörten Hamburg ankommt und kaum etwas wiedererkennt. Das
Lichtspielhaus der Familie steht zwar noch, hat aber im Krieg gelitten: „Es
kam ihr vor, als wäre das Lichtspielhaus ein Sinnbild des Zustands ihrer Mutter
– noch war nicht alles verloren, aber der Patient war schwer krank und lag im
Sterben.“ (S. 105). Ihre Mutter vegetiert nur noch vor sich hin, ist nur
selten bei Bewusstsein und spricht nicht mehr. Sie hat allen Lebenswillen
verloren. „Ich erkenne sie nicht mehr... Ich weiß nicht mehr, wer meine Mutter
wirklich ist.“ (S. 149)
Von ihrer Halbschwester ist
Lili sehr enttäuscht. Statt sich um die Mutter zu kümmern, spekuliert Hilde auf
deren baldigen Tod, damit sie das Lichtspielhaus endlich schließen können. Hildes
Mann hat einen florierenden Schwarzhandel aufgebaut, es fehlt ihnen an nichts,
aber Lili muss um jede Scheibe trockenes Brot und jeden Tee für Sophie betteln.
Zum Glück gibt es Hildes
16jährige Tochter Gesa, die ihre Oma über alles liebt und bisher für sie gesorgt
hat „Wie
sollte sie erwachsen werden mit dem Gedanken, zu wenig für ihre Großmutter
getan zu haben, wenn diese starb?“ (S. 273)
Während der Suche nach den
Filmrollen kommen sich Lili und Capitain Fontaine näher. Er ist charmant und
zuvorkommend, macht ihr Komplimente. Es funkt zwischen ihnen, aber Lili ist
verheiratet, auch wenn sich ihr Mann noch in Kriegsgefangenschaft befindet.
Zudem stellen sie bei ihren Nachforschungen fest, dass auch Lilis Mutter
irgendwie in den Skandal um den Tod von Theas Mann verwickelt gewesen sein
muss.
Man merkt dem Buch an, dass Micaela
Jary über eine Epoche und Thematik schreibt, die sie von klein auf kennt und
liebt, denn ihr Vater war der berühmte Filmkomponist Michael Jary.
Sehr bildlich schildert sie das
zerstörte Hamburg, wie die Menschen ums Überleben kämpfen und was der
Hungerwinter 1946/47 anrichtete. Sie beschreibt, wie die Besatzer das Gebiet
verwalteten und u.a. eben auch die Filmindustrie langsam wieder aufbauten.
Die Zustände in Hildes
Familie haben mich erschüttert. Wie können sie und ihr Mann nur so herzlos sein
und nur an ihr eigenes Vorankommen denken. Ich hoffe, dass sie im nächsten Band
die Strafe dafür bekommen!
Die Suche nach den Filmrollen
und die dabei gefundenen Erkenntnisse gestalten sich so spannend, dass es fast
schon wie ein Krimi anmutet. Ich bin extrem gespannt, wie es nächstes Jahr in
„Der Filmpalast“ weitergeht.
5 Sterne und meine unbedingte
Leseempfehlung!
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