ISBN : 9783492058865
Fester Einband : 512 Seiten
Verlag : Piper
Erscheinungsdatum : 05.08.2019
Genre : Biografischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Der Start in ein neues Zeitalter
Berlin 1917: „Dieses
Kind war wie ein Wildpferd mit Federboa ...“ (S. 8) „Wenn
die einmal aus der Box war, würde sie nicht mehr einzufangen sein.“ (S.
12) Marlene Dietrich ist 16 und hat jetzt schon die längsten Beine Berlins –
die es noch weit bringen werden, meint ihre Tante Vally. Ihre Mutter hingegen
hofft, dass sie klassische Konzertgeigerin wird. Marlene selbst experimentiert
lieber mit ihrer Sexualität – vor allem mit Frauen – und träumt davon, ein
Filmstar wie Henny Porten zu werden. Doch Henny ist erst seit kurzem Witwe und
hat ihren Lebenswillen verloren.
12 Jahre später ist Henny Porten
wieder groß im Geschäft, aber Marlene hat den Durchbruch als Schauspielerin
immer noch nicht geschafft, sondern tingelt von einem Varieté zum nächsten. Sie
ist verheiratet, hat eine Tochter und ist die Hauptverdienerin der Familie,
aber ihr Mann und sie lieben sich nicht und ihre Tochter kann keine Beziehung
zu ihr aufbauen. „Marlene war in ihrer eigenen Familie der Fremdkörper.“ (S. 191)
Die UFA hat in Babelsberg
gerade das erste Tonfilm-Studio gebaut, um den Anschluss an Amerika nicht zu
verpassen und Karl Vollmöller wird engagiert, um den ersten Film zu drehen. Der
Hauptdarsteller ist schnell gefunden: Emil Jannings hat in Amerika gerade den
ersten Oscar als bester Schauspieler bekommen, will aber zurück nach
Deutschland kommen. Auch den Stoff hat Vollmöller schon – er konnte Heinrich
Mann überzeugen, ihm die Rechte an „Professor Unrat“ zu verkaufen. Nur die weibliche
Hauptdarstellerin fehlt ihm noch. Da entdeckt Regisseur Josef von Sternberg am
Berliner Theater Marlene, die mit ihrer frivolen Show für Furore sorgt – sie
ist perfekt für die Rosa Fröhlich. „Karl schätze Marlenes Vielseitigkeit, die
scheinbar gelangweilte Art, mit der sie das Publikum bei der Stange hielt, und
ja, sie hatte die längsten Beine der Stadt.“ (S. 177)
Edgar Rai erzählt in „Das
Licht der Zeit“ vom Beginn des deutschen Tonfilms, von einer aufregenden
Umbruchzeit, in der die Nationalsozialisten immer mehr erstarken und den Alltag
bestimmen (wollen). Die goldenen 20er sind auf ihrem Höhepunkt. In Berlin
werden rauschende Partys gefeiert, Heroin gilt als Stimmungsaufheller und
Promiskuität ist an der Tagesordnung.
Vollmöller ist ein Macher,
der genau weiß, wie er seinen Willen durchsetzen kann. Bei Jannings, der Marlene
nicht ausstehen kann, setzt er auf Zuckerbrot und Peitsche (im wahrsten Sinne
des Wortes!). Auch die UFA hat er fest im Griff und kann sie überzeugen, immer
mehr Geld in den Film zu pumpen. Nur Marlene gibt er Raum, lässt sie sich neu erfinden
und ist erstaunt, was sie aus sich rausholt, wie sehr sie sich zurücknehmen
kann und trotzdem auf der Leinwand extrem präsent ist und Jannings damit aussticht.
Der wird seiner Rolle (dem verzweifelten Professor) immer ähnlicher und ruiniert
sich und den Film fast damit.
Parallel dazu muss auch Henny
Porten entscheiden, wie sie ihre weitere Karriere gestalten soll. Sie ist
inzwischen mit einem jüdischen Arzt verheiratet und Goebbels, der sie sehr
verehrt, bedrängt sie, sich endlich scheiden zu lassen und die große deutsche
Vorzeigefrau beim Film zu werden – sich vor Hitlers Karren spannen zu lassen.
Die gegensätzlichen
Lebensentwürfe und Entwicklungen von Henny und Marlene machen für mich den
besonderen Reiz des Buches aus. Henny ist sehr unsicher, hat aber in ihrem Mann
einen guten Berater und eine eigene Produktionsfirma, will unabhängig bleiben.
Marlene hingegen will endlich der Enge ihrer verkorksten Ehe und dem biederen
Deutschland mit seinen immer strengeren Moralvorstellungen entfliehen.
Spannend, aufregend und
prächtig inszeniert Edgar Rai den Dreh von „Der blaue Engel“ und schafft
gleichzeitig ein Zeitzeugnis über die goldenen 20er und die Revolution der
Tonfilmindustrie.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen