ISBN : 9783352009259
Flexibler Einband : 473 Seiten
Verlag : Rütten & Loening Berlin
Erscheinungsdatum : 13.09.2019
Genre Historischer Roman
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Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Eine Tochter aus gutem Hause
Dr. Johannes Dreyer wurde vom
Eppendorfer Krankenhaus entlassen, weil er zu menschlich war. Er sieht auch
nicht weg, als 1892 die Cholera in den Hamburger Gängevierteln ausbricht und
lange vor der Öffentlichkeit verschwiegen wird, stattdessen hilft er den
Ärmsten der Armen meist ohne Gegenleistung. „Er hat den Menschen ganz
uneigennützig geholfen, ... als viele
seiner Kollegen noch nicht einmal wahrhaben wollten, dass die Cholera in
Hamburg grassiert.“ (S. 83)
Dabei begegnet er Victoria zur Haiden,
der Tochter seines ehemaligen Chefarztes. Vicki ist von ihrem staubtrockenen
Lehrerinnenseminar geflüchtet. Sie will Medizin studieren und wird seine
Assistentin. Zudem versteckt sich vor ihren Eltern. Doch dann erkrankt sie
selbst und als sie endlich gesund ist, ist Johannes verschwunden …
Wolf Serno hat mit „Große Elbstraße 7“
ein sehr spannendes Sittengemälde beruhend auf wahren Begebenheiten um die
Wende des 19. Jahrhunderts geschaffen. Geschickt verbindet er eine Hamburger Familiensaga
mit Medizin- und Stadtgeschichte.
Vickis Vater, Prof. Carl-Heinrich zur
Haiden, ist Chirurg und beruflich ein Mann des Fortschritts. Er interessiert
sich für neue Operationsmethoden und (Lokal-)Anästhesie. Aber privat ist er ein
gestrenger, konservativer Patriarch. Vicki hat nicht studieren zu wollen – als
Tochter aus gutem Hause muss sie nur eine passende Ehe eingehen.
Doch Vicki „… will nicht heiraten!
... Ich will Menschen helfen, gesund zu werden. Nichts ist großartiger als das
Gefühl, einen Kranken geheilt zu haben.“ (S. 177) Sie ist modern,
neugierig, belesen und wissbegierig. Vicki brennt für die Medizin, liest alle
Bücher darüber, derer sie habhaft wird und findet einen Weg, ihren Traum wenigstens
etwas zu leben. Ich habe sie von Beginn an sehr gemocht und ihren Weg sehr gern
verfolgt. Ihre Zielstrebigkeit und ihr Durchsetzungsvermögen haben mich
beeindruckt.
Ihr Bruder Benno hingegen, der nach dem
Wunsch des Vaters Arzt werden soll, ist eine unangepasste Künstlerseele. Er arbeitet
als erotischer Maler auf St. Pauli, träumt vom großen Durchbruch und will als
Künstler ernst genommen werden. In St. Pauli kommt er mit Kommunisten,
Hafenarbeitern, Gewerkschaftlern und Huren in Kontakt und lernt ihr Leben
kennen und verstehen. Er engagiert sich, bleibt aber trotzdem eher ein
Beobachter von außen und war mir manchmal etwas zu leichtlebig und unbedarft –
und passte dadurch gut in die Rolle es des verwöhnten Sohns aus gutem Haus.
Dazu kommen noch verschiedene
Nebenstränge bzw. -figuren, die das Gesamtbild abrunden, alle
Gesellschaftsschichten und deren Lebensumstände zeigen. Auch die Unterschiede
zwischen arm und reich, der Streik der Hafenarbeiter und der Kampf der Frauen
um Gleichberechtigung finden Eingang in die Handlung.
Besonders erschreckend fand ich die Szenen
während der Cholera, welche mehrere Jahre wütet und ganze Familien auslöschte.
Obwohl Wolf Serno das Geschehen von vielen Seiten
beleuchtet und immer wieder die Perspektive bzw. den Erzählstrang
wechselt, steht Vickis
Leben eindeutig im Vordergrund. Ich fand das Ende trotz vieler Abschlüsse etwas
offen und hoffe, dass die Geschichte noch nicht auserzählt ist, sondern es eine
Fortsetzung geben wird.
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