von Paul M. Belt
Der weise Nen und der verliebte Jüngling
Einst kam ein junger Mann zu dem Ort, an dem sich der
weise Nen zu jener Zeit aufhielt. Kaum dass dieser eingetroffen war, wusste Nen
bereits, dass er hier einen schweren Fall gebrochenen Herzens vor sich hatte.
Nachdem nun der junge Bursch sich ausgiebigst erklärt
hatte, legte er die Hände bittend aneinander und hob erneut an zu sprechen.
„Selbst als ich die Blume meines Herzens nicht kannte, sondern sie nur
ersehnte, ging es mir besser, als ich mich nun jemals wieder fühlen werde!
Kannst du mir denn trotz all deiner Weisheit keinen Weg weisen, auf dem ich
wieder zurückkehren möge, auf dass es wieder so werde, wie es vormals war?“
Flehentlich blickte er den Weisen an.
„Stelle dir ein Samenkorn vor“, erwiderte Nen langsam
und bedächtig. „Vermag ein zarter Keim, der daraus erwuchs, sich auch wieder
zurückzuziehen, um dem Korn wiederum die ehemalige Größe zu geben? Mitnichten
kann dies geschehen, es sei denn, man bricht den Trieb ab. Selbst dann jedoch
ist der ausgetriebene Teil des Korns nun für alle Zeit im Außen.“
Als der Jüngling sich verzweifelt abwenden wollte,
fügte der Weise hinzu: „Dies schafft jedoch Platz für einen neuen Trieb, sobald
das Korn wieder Kraft geschöpft hat.“
(volkstümlich aus dem Mittelland)
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