ISBN : 9783423262323
Flexibler Einband : 368 Seiten
Verlag : dtv Verlagsgesellschaft
Erscheinungsdatum : 23.12.2019
Genre : KrimiBuch kaufen
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
„Es
scheint, als ob es niemals friedlich sein kann.“ (S. 7)
Im fünften Teil
der Max-Heller-Reihe beschäftigt sich Autor Frank Goldammer mit den
Geschehnissen rund um den 17. Juni 1953. Die Unzufriedenheit der Menschen wächst,
sie sind wütend wegen der Mangelwirtschaft, den Stromsperren und zu hohen
Arbeitsnormen und demonstrieren gegen die Regierung: „Es musste so weit
kommen. Ich frage mich, wie blind und taub man eigentlich sein kann. Wir ...
sprechen seit Jahren die Probleme der Arbeiter an ... Niemand wollte das hören!“
(S. 28)
Das MfS nutzt den
Aufstand für scheinbar wahllose Verhaftungen. Erwischen sie wirklich die
Aufrührer oder schaffen sie sich so ungeliebte Störenfriede vom Hals und
schüchtern die Bevölkerung ein?!
In dieser
hochexplosiven Situation muss Heller in einer Firma für Rohrisolierungen
ermitteln. Dessen Leiter, Martin Baumgart, wurde brutal mit Glaswolle erstickt
und der zur gleichen Zeit verschwundene Parteifunktionär Kruppa soll entführt
worden sein. Sind tatsächlich die Demonstranten vom 17. Juni schuld? Das
behauptet zumindest Stasi-Offizier Bech, der Heller zugeteilt wurde, schon vor Beginn
der Ermittlungen. Oder liegen die Gründe doch in der Vergangenheit der Firma?
Heller stolpert nämlich über fehlende bzw. lückenhafte Unterlagen zu
Zwangsarbeitern und Untersuchungen, inwieweit die Lungen der Arbeiter durch die
Glasfasern geschädigt werden.
Heller scheint
es bei den Ermittlungen zu diesem Fall noch schwerer zu haben als bisher. Sein
Vorgesetzter Niesbach wurde ohne Ankündigung durch einen neuen Kommandeur
ersetzt, den Heller überhaupt nicht einschätzen kann. Außerdem mischt sich
Stasi-Offizier Bech immer wieder in die Ermittlungen ein. Er lässt Zeugen als
verdächtig verhaften und manipuliert sie, überstellt Gefangene ins
Stasi-Gefängnis oder lässt plötzlich wieder frei. Es kommt mehrfach zu
Kompetenzgerangel und Anschuldigungen, dass Heller zu zimperlich und seine
Methoden überholt sind. „So ist die neue Welt. … Schnell und sauber, und
wir säubern sie so lange, bis das letzte bisschen Dreck verschwunden ist!“
(S. 268)
Max ist in der
Sinnkrise, sämtliche Illusionen sind zerstört. „Die ganze Zeit über, all
die Jahre nach dem Krieg, dachte ich, es wird bestimmt besser. … Aber jetzt
wird mir klar, sie werden keinen Millimeter zurückweichen. Im Gegenteil. Sie
sind unerbittlich.“ (S. 249) Karin will, dass er endlich sein
Versprechen einlöst und mit ihr in den Westen geht, wie so viele andere auch.
Es hält sie schließlich kaum noch etwas. Er wird bei jeder Beförderung
übergangen, weil er nicht in der Partei ist. Ihr Sohn Klaus entfremdet sich
ihnen immer mehr, gehört zum MfS und sieht in seinem Vater einen Störenfried
und Klassenfeind, für den er sich schämt. Eine weitere Belastung ist die alte
Frau Marquardt, deren Demenz und damit verbundene Pflege sie alle an ihre
Grenzen bringt. Aber sie bekommen keinen Heimplatz für sie und zudem hat Max
Hemmungen, weil diese sie nach der Bombennacht aufgenommen hatte. Er meint, es
ihr schuldig zu sein.
Es sind gerade
die Informationen über Hellers Lebenssituation, die ihn so menschlich und
nachvollziehbar macht. Häufig geht sein Beruf vor und das Privatleben muss
warten. Er geht in seiner Arbeit auf, auch wenn Bech ihn oft behindert oder
versucht kaltzustellen.
Die
Ermittlungen in diesem vielschichtigen Fall gestalten sich extrem schwierig und
verwirrend und münden in ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem MfS. Man muss beim
Lesen dranbleiben, wenn man den Faden nicht verlieren will – ich habe Heller
wieder einmal um seine Weitsicht und seine Kombinationsfähigkeit beneidet.
Auch die herrschende
bedrückende Atmosphäre, die Angst der Bevölkerung („Alle werden jetzt
verhaftet, einer nach dem anderen, bis keiner mehr da ist!“ (S. 96)) und
die Selbstherrlichkeit und Selbstgerechtigkeit von Machtmenschen wie Bech wird sehr
anschaulich beschrieben. Ich hatte beim Lesen mehrfach Gänsehaut und bin froh,
dass ich diese Zeit nicht selbst erlebt habe.
5 Sterne und
meine Leseempfehlung für Hellers neuesten, extrem fesselnden Fall mit
Gänsehautgarantie.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen