ISBN : 9783455007473
Flexibler Einband : 352 Seiten
Verlag : Atlantik Verlag
Erscheinungsdatum : 04.01.2020
Genre : Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Frauenüberschuss
Der 1. WK ist
seit 13 Jahren vorbei, doch Violet steckt in ihrem Leben fest. Sie hat den
Verlust ihres Verlobten nie verwunden, der genau wie ihr älterer Bruder
gefallen ist. Seit dem Tod ihres Vaters vor einem Jahr lebt sie mit ihrer
Mutter in deren Haus in Southampton und wird den ganzen Tag von ihr schikaniert.
Zum Glück hat sie nach dem Krieg einen Schreibmaschinenlehrgang besucht und als
eine Versicherung in Winchester Schreibkräfte sucht, ergreift sie die Chance
zur Flucht aus ihrem bisherigen Leben. „Für Violet war das
Schreibmaschineschreiben ein monotoner und stumpfsinniger Vorgang, der mit der
Zeit etwas Meditatives bekam und sie in einen Zustand versetzte, in dem sie
nicht mehr nachdachte, sondern einfach nur war.“ (S. 19)
Doch auch in
Winchester ist sie einsam. Ihre Kolleginnen sind deutlich jünger als sie und es
gibt keine ledigen Männer, dafür einen großen Frauenüberschuss. Die Stadt ist
zu klein, um sich wie früher 2-3 Mal im Jahr an eine Hotelbar zu setzen und
darauf zu warten, dass ein Mann sie anspricht und auf einen Sherry einlädt – der
Code für einen One-Night-Stand.
Als sie eines
Tages in einen Segnungsgottesdienst der Broderinnen (Stickerinnen) platzt,
findet sie ihre neue Bestimmung. Frauen aller Altersklassen und Schichten
sticken wunderschöne Stuhl- und Kniekissen für die Ausschmückung der Kathedrale.
Sie schließt sich ihnen an, lernt Sticken und fühlt sich endlich nützlich. „Vermutlich
versuche ich hier einen Neuanfang … Spirituell und auch physisch. Ich habe
gedacht, wenn es hier drin ein ganz kleines Stück von mir gäbe, könnte das
vielleicht helfen.“ (S. 94)
Chevalier Tracy
hat mich wie in ihren bisherigen Büchern vor allem durch ihre extrem ruhige Erzählweise
und großartigen Beschreibungen überzeugt. Sie kann mit Worten malen, ich habe sofort
Violets tristes Leben und die farbenprächtigen Stickereien vor mir gesehen. Besonders
spannend fand ich, dass es Miss Pesel, die Leiterin der Broderinnen, und die
Kissen wirklich gab bzw. noch gibt.
Violet selbst
lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Sie hat sich einerseits zu sehr in ihr
Schicksal gefügt, immer wieder nachgegeben und war recht blauäugig, auf der
anderen Seite hat mich am Ende sehr überrascht, auf welche Art und Weise sie
ihr Glück findet und durchsetzt.
Die Autorin lässt
das England der 30er Jahre lebendig werden und beleuchtet dabei vor allem die
Rolle der „alten Jungfern“ (Violet ist ca. 39). Diese Frauen haben kaum eine
Chance, noch einen Partner zu finden und liegen deshalb ihren Familien auf der
Tasche. Es wird erwartet, dass sie sich um die Eltern kümmern oder klaglos in
die Haushalte von verheirateten Geschwistern einfügen. Der einzige Ausweg ist eine
– meist unterbezahlte – Arbeit und ein winziges Zimmer in reinen Frauenhaushalten.
„Violet“ ist
ein Roman über Selbstfindung und Selbstbestimmung englischer Frauen in den 30er
Jahren.
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